Scenic Tour 2018 – Opel lädt ein
Opel Schweiz lud die Fachpresse zur Scenic Tour ein. Will heissen, während zwei Tagen alle Opel-Neuheiten ausführlich probefahren zu können und bei ausgedehnten Zwischenstopps mit Opel-Leuten und/oder den Kollegen der Motorjournalistenbranche zu diskutieren.
Zündung.ch hat über viele dieser Neuheiten bereits berichtet. Mehrere Testberichte von Insignia Limousinen und Kombi, vom Grandland X in mehreren Varianten oder vom Corsa GSi sind bei zuendung.ch bei den Fahrberichten zu finden (http://zuendung.ch/fahrberichte/).
Auch von der noch statischen Präsentation des neuen Combo Life haben wir berichtet.
Teilweise waren wir von Zündung.ch da weit voraus, denn noch lange nicht alle Versionen sind bereits auf dem Schweizer Markt erhältlich oder sie sind noch so frisch, dass sie noch lange nicht jeder Journalist, geschweige denn jeder potentielle Kunde kennt.
Start der zweitägigen Scenic Tour war in Studen bei Biel. Nach genügend Journalistenverpflegung und dem Auslesen des Wunschautos, sowie einem kurzen Briefing durch den Opel-Schweiz-Pressechef Lukas Hasselberg, machte man sich auf den Weg zum ersten Zwischenstopp, dem Mittagshalt in La Gruyère.
Es standen genügend Testwagen zur Verfügung. Noch sind nicht alle Motoren oder Getriebe in der Schweiz bereits erhältlich, sodass die meisten mit deutschen Nummernschildern unterwegs waren (jaja, die Bewilligung des Schweizer Zolls war vorhanden). Da Zündung.ch den Combo Life erst von der statischen Präsentation im April her kannte, entschieden wir uns zu einer ausgedehnten Testfahrt mit dem Combo Life und zwar gleich mit einer in der Schweiz noch nicht eingeführten Version: dem 1.5 lt. Diesel mit 130 PS und 8-Gang-Automatik. Testergebnis vorweg: Wir waren positiv überrascht.
Den Combo Life gibt’s ein zwei Längen, 4.40m und 4.75m. Die Radstände betragen 2.79m und 2.98m. Die lange Version hat also nicht einfach, wie bei Mitbewerbern oft üblich, einen längeren Überhang hinten. Es gibt ihn als 5- und als 7-Plätzer. Kofferraumvolumen 597 / 2‘126 Liter, resp. 850 / 2‘693 Lt.. Da der Beifahrersitz abklappbar ist, können bis über 3 Meter lange Gegenstände (ein Surfbrett zum Beispiel) transportiert werden.
Der Combo mit der 8-Stufen-Automatik hat keinen Schalthebel, nur dieses Drehrad. Genügt vollkommen.
Den Kleber, wir sollen mit den Winterreifen nicht über 240 Km/h fahren, haben wir gebührend beachtet. Grins.
Der Combi Life bietet in der Schweiz eine ausserordentlich grosse Zahl an Assistenzsystemen, der grösste Teil davon serienmässig: Gefahrenbremsung, Spurhalte-Assi, Müdigkeitserkennung, ACC, Flank Guard, heizbare Frontscheibe und und und, sind erhältlich oder grad dabei.
An Motoren sind ein Benziner (1.2 Direct Injection Turbo mit 110 PS) erhältlich, eine 130 PS-Version folgt 2019. Dann sind drei 1500er Diesel erhältlich, mit 76 PS, 102 PS und 130 PS. Es gibt 5- und 6-Gang-Schaltgetriebe und eine Achtstufen-Automatik. Genau diese Topausführung, 130 PS, 8-Gang-Automat, sollte uns am ersten Tag begleiten.
Von der Form her sind solche Autos ja nicht unbedingt Traumautos. Opel spricht da von «robustem Auftritt mit kraftvollem Frontdesign», aber auch von «reizvollem, freundlichem Look» oder «robustem, stabilem Stand des Fahrzeugs». Doch hat man vermutlich einen vernünftigen Mittelweg gefunden zwischen reinem Arbeitstier und Familienauto. Der Grundpreis von CHF 21‘650 sei sogar tiefer als in andern europäischen Ländern.
Wir machten uns also auf fast zu bequemen Sitzen leicht erhöht auf den Weg abseits der Autobahn durch Dörfer und über kurvige Hügel und waren positiv überrascht, z.B. über die Laufruhe des 1‘500er Diesels, über den Antritt, den der relativ kleine Motor bot.
Unser Testtagebuch verzeichnet, ohne Gewichtung der Reihenfolge:
– Angenehm zu fahren, komfortabel
– fast zu weiche Sitze, Seitenhalt könnte etwas besser sein
– mangelnde Ausstattung des deutschen Testwagens gegenüber der CH-Serienversion
– genug Kraft (130 PS)
– praktische Schiebetüren hinten
– viel Platz
– geeignet für Familien und für Business (Mix Privat / Geschäft)
– Automat 8-Gang bekannt und bewährt. Schaltet zwar weich, aber oft mit Verzögerung
– nicht laut (Motor, aber auch Windgeräusche)
– Fahrwerk macht guten und soliden Eindruck
– kein Schalthebel mehr, Drehrad genügt
Und auch etwas Negatives haben wir gefunden:
– Die Becher-/Fläschlihalter vorn sind unbrauchbar. Das dort deponierte Mineralwasserfläschchen mussten wir nach Kurven öfter im Fussraum wieder auflesen.
Vom Grandland X ist der 2.0 lt. 177 PS-Diesel die Topmotorisierung. Er hat zwar keinen Allradantrieb (weil Peugeot das einfach irgendwann verschlafen hat), aber die IntelliGrip genannte Traktionskontrolle ist erstaunlich leistungsfähig. Fahrberichte sind bei Zündung.ch ebenfalls bereits seit längerem zu lesen.
Sogar vom Astra gibt’s Neuigkeiten, nämlich einen 150 PS-Diesel, der in 9.0 Sekunden auf 100 spurtet und 225 Km/h Spitze erreicht.
Nach dem Fondue in Gruyère machten wir uns auf den Weg zum Tagesziel: Schwarzsee am gleichnamigen See. Natürlich hatte das prächtige, sonnige und warme Herbstwetter und die wunderschöne Gegend zwischen Biel, Murten, Freiburg, Bulle, Gruyère und dann bis Schwarzsee das ihre beigetragen, die Autos in positivem Licht zu sehen, aber es gab bei aller Schwächensuche wirklich wenig zu kritisieren.
Für die Rückfahrt nach Studen am nächsten Morgen wählten wir dann den kleinen neuen Kraftwürfel Corsa GSi, den es ab CHF 26‘400 zu kaufen gibt.
Vom Corsa GSi ist bei Zündung.ch ebenfalls bereits ein ausführlicher Fahrbericht vorhanden. (http://zuendung.ch/fahrbericht/klein-aber-oho/) Wir haben die Rückfahrt benutzt, über den Gurnigel zu fahren. Relativ früh am Morgen und daher recht kühl, strahlender Sonnenschein, leere Strasse, kein Auto vor uns, nichts kommt entgegen, ermöglichen, die Gurnigel-Passstrasse so hochzufahren, dass es sehr viel Spass macht, um die Kurven zu wetzen und wieder zu beschleunigen, ohne Risiken einzugehen. Der Corsa GSi hat natürlich einen völlig andern Charakter als der am Vortag ausgiebig gefahrene Combo Life. Und der passte an diesem Morgen hervorragend. Die 150 PS des 1400er Turbos scheinen wenig zu sein, aber die 220 Nm ziehen genügend, das Gewicht ist handlich, das Auto liegt hervorragend auf der Strasse … Was reden wir da lange: Ausprobieren!
Unser Testwagen bei einer Verschnaufpause auf dem Gurnigel.
Dann mussten wir an diesem Morgen auch noch eine Proberunde drehen mit einem Insignia mit einem neuen 1600er Direkteinspritzer-Turbobenziner mit 200 PS und Benzinpartikelfilter. Er erfüllt Euro 6d temp. Es gibt ihn mit 6-Gang-Schaltgetriebe und 6-Gang-Automatik. Der neue Vierzylinder-Motor entwickelt ein Drehmoment von 280 Nm bereits zwischen 1‘650 und 4‘500 Touren. Der Spurt auf 100 Km/h ist möglich in 8.2 oder 7.7 Sekunden (je nach Variante). Insignias mit dieser Motorvariante verfügen serienmässig über das adaptive FlexRide-Fahrwerk.
Der Probegalopp inmitten des Alltagsverkehrs und unter Einhaltung der Verkehrsvorschriften liess keine Grenzerfahrungen zu (es wären z.B. 235 Km/h möglich), hinterliess aber einen positiven Eindruck bezüglich Beschleunigung, Lärmkulisse und Fahrverhalten. Dass eine neue Generation Infotainment-System eingebaut ist, haben wir ebenfalls bemerkt. Der Insignia mit dem neuen 200 PS-Benziner kostet ab CHF 39‘000 (Kombi 40‘300).
Der 200 PS-Benziner ist jetzt die Topmotorisierung, den 260 PS-2-Liter gibt’s seit Juli nicht mehr (CO2, WLTP, Euro 6d temp, .. lassen grüssen). Ganz verschont blieb also auch Opel nicht mit der Umstellung auf die neue Norm. Topmotorisierung beim Insignia ist jetzt der 210 PS- BiTurbo-Diesel, mit 8-Stufen-Automat, Allrad, … (ab CHF 49‘100, GSi 54‘400, 233 Km/h, 7.9 sec.)
Résumé
Opel verfügt über eine aktuelle Modellpalette, die laufend weiterentwickelt wird, die auf der Höhe der Zeit ist und es auch wert ist, genauer unter die Lupe genommen zu werden, wenn jemand, Privat oder Firma, neue Autos zu beschaffen gedenkt.
Umso weniger verständlich ist es, dass Opel nicht mehr an den grossen Automessen teilnimmt (Genf, Paris), nicht einmal an der weltweit wichtigsten, der Geneva International Motor Show (GIMS), dem Genfer Autosalon. Solches Verhalten gibt natürlich Verschwörungstheoretikern Aufwind. Hoffen wir, sie behalten Unrecht und man darf sich noch lange an Opel-Fahrzeugen erfreuen.
Heiny Volkart, VOLKARTpress