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2. Dezember 2011

Scheppert nix!

Hyundai | 0 Kommentare

Test Hyundai i40 1.7 CRDi Style Stationwagon Scheppert nix Mit dem zuerst als Kombi lancierten i40 will Hyundai die Flottenkunden erobern, weltweit, auch in der Schweiz. In der Mitternachtssonne (das Foto stammt wirklich vom 21. Juni in Norwegen). Die 1967 gegründete Hyundai Motor Co., lange Zeit nur als koreanischer Billiganbieter wahrgenommen, ist seit 2007 der […]

Test Hyundai i40 1.7 CRDi Style Stationwagon

Scheppert nix

Mit dem zuerst als Kombi lancierten i40 will Hyundai die Flottenkunden erobern, weltweit, auch in der Schweiz.


In der Mitternachtssonne (das Foto stammt wirklich vom 21. Juni in Norwegen).

Die 1967 gegründete Hyundai Motor Co., lange Zeit nur als koreanischer Billiganbieter wahrgenommen, ist seit 2007 der fünftgrösste Autoproduzent der Welt. Die Fahrzeuge wurden und werden laufend hochwertiger. Heute hat Hyundai in Europa einen Marktanteil von 2,8% und will bis Ende Jahr 3% erreichen. Der neue i40, der zuerst als Kombi kommt, soll dazu mithelfen.

Der i40 Kombi wurde in Europa für Europa (im Hyundai-Forschungszentrum Rüsselsheim) entwickelt. Erklärtes Ziel ist es, die Platzhirsche auf dem europäischen Flottenmarkt, Ford Mondeo, VW Passat Variant oder Opel Insignia, aufzumischen und herauszufordern. Man hört denn auch munkeln, dort fürchte man heute weniger den weltgrössten Autoproduzenten Toyota, sondern die bisher oft unterschätzten Hyundai. An der IAA in Frankfurt hat sich zum Beispiel Martin Winterkorn, der VW-Konzernchef, in einen neuen Hyundai (es war ein i30) gesetzt und beim Rumfummeln an Lenkradverstellung und Handschuhfach widerwillig feststellen müssen, dass da «nix scheppert». «BMW kann‘s nicht, wir können‘s nicht, warum kann‘s der?» fragte Winterkorn grimmig (siehe auch Youtube).
«New Thinking, New Possibilities» lautet der Wahlspruch der Koreaner. «Scheppert nix» wäre natürlich auch eine Möglichkeit gewesen.

Der i40 ist 4.77m lang, 1.47m hoch und gut 1.81m breit. Das Design wirkt frisch, dynamisch, gestreckt (er sieht noch länger aus als er ist) und durchaus auch eigenständig. Der i40 ist aber nicht nur aussen stattlich, er bietet auch innen viel: 553 Liter fasst der Laderaum, mit umgelegten Sitzen gar 1‘719 Liter; die Ladekante ist noch tiefer als beim Passat. Die Zuladung beträgt, je nach Variante, über 400 Kg (Testwagen 416 Kg).
Auch ausstattungsmässig ist der i40 – wie von Hyundai gewohnt – an der Spitze. In drei Varianten, Comfort, Style, Premium, gibt es den i40, wobei schon die Grundversion Comfort alles Wichtige umfasst und Premium dann die Spitze darstellt, die bspw. neben heizbaren Sitzen hinten auch ein auf 38° heizbares Lenkrad bietet. Zur Individualisierung gibt es nicht eine ellenlange Preisliste, sondern es werden verschiedene Pakete angeboten, die für relativ wenig Geld Optionen zusammenfassen.

Blue Drive nennt sich das Umweltlabel von Hyundai. Das Blue Drive Paket ist entweder serienmässig eingebaut oder ohne Aufpreis bestellbar beim 1600er Benziner und beim stärkeren der beiden Diesel. Es umfasst z.B. die Stopp/Start-Automatik, 16“-LM-Felgen, ein Alternator-Management, aktiven Kühlergrill (bringt 2%), rollwiderstandseffiziente Reifen.

Zwei direkteingespritzte Benziner, ein 1.6 lt. und ein vollständig neuer 2-Liter, mit 135 und 177 PS, stehen zur Verfügung. Die zwei 1.7-Liter-Diesel leisten 115 und 136 PS und verfügen über 260 und 325 Nm Drehmoment ab schon 1‘250 U/min (115 PS) und 2‘000 U/min. Alle Motoren erfüllen Euro5, die Diesel Kat. A. Die Verbräuche beginnen ab gesamt 4,3 Lt. (115 PS-Diesel, Blue Drive) und steigen auch beim 177 PS-Benziner mit Automat nicht über 7.7 Liter (in der Praxis soll der Verbrauch allerdings wesentlich höher sein, verlautet von Organisationen, die ihn im Test hatten).

Die Preise beginnen bei 30‘990 Franken, die Topvariante kostet Fr. 44‘990. Damit ist der i40 bei vergleichbarer Ausstattung einiges günstiger als bspw. ein Passat. Auch um den Wiederverkaufswert hat sich Hyundai gekümmert. Die massgebenden Organisationen in Deutschland und Österreich, DAT z.B., nennen nach 3 Jahren und 90‘000 Km einen Restwert von 44,5%. Zum Vergleich: Mondeo 43,3%, Insignia 43,5%, Passat 45%. Eurotax Glass‘s Austria bestätigt das mit 36% für den i40 und damit mehr als Insignia, Avensis, Mondeo, Mazda 6 und C5.
Die Garantien sind aussergewöhnlich hoch: Das «Five Year Triple Care Swiss» umfasst 5 Jahre Werksgarantie ohne Km-Beschränkung, 5 Jahre EuroService (kostenlose Mobilitätsgarantie) und 5 Jahre oder 100‘000 Km Gratis-Wartung. Von diesem «Botschafter von Hyundai für die nächsten kommenden Jahre», wie Mark Hall, der Marketing Director von Hyundai Europe den i40 nannte, will Hyundai 35 bis 45% der Fahrzeuge bei den Flottenbesitzern absetzen, in der Schweiz 40 bis 45%.

In der Schweiz sollen ab Verkaufsstart 26. August 500 Fahrzeuge noch in 2011 verkauft werden, im ganze 2012 dann 1‘000 Fahrzeuge. Nicholas Blattner, Pressechef von Hyundai Schweiz, rechnet mit 65% Version Style und 25% Premium. Am meisten (44%) dürfte der 136 PS-Diesel gefragt sein, knapp vor dem 177 PS-Benziner (43%), zu 58% handgeschaltet, zu 42% Automaten.

Bei der internationalen Pressevorstellung in Norwegen erwies sich der i40 Kombi als genau das Auto, das man sich als Flottenbesitzer wünscht: Gut motorisiert, aber kein Sportwagen, viel Sicherheit, viel brauchbarer Komfort, viel Platz vorne und im Laderaum, umweltbewusst, günstige TCO – und sieht auch noch gut aus.
Wenn die traditionell konservativen Schweizer Vorurteile aus früheren Jahrzehnten über Bord werfen, wird der i40 viel Erfolg haben bei den Flottenbesitzern.

Der Test
Wie der Zufall so will, spülte ein Wettbewerbsgewinn für zwei Monate einen ganz neuen i40 Kombi vor die Garage. Der Wagen kam von der Flottenabteilung, nicht von der Presse und wäre eigentlich gar nicht als Presse-Testwagen gedacht gewesen, aber wenn er bei einem Autojournalisten steht, kommt er halt auf den Prüfstand.

Unser Wettbewerbsgewinn ist ein i40 in der mittleren Style-Ausführung, mit dem stärkeren der beiden Diesel (1.7 lt, 136 PS, 325 Nm), ausgestattet mit der 6-Gang-Automatik mit Schaltwippen am Lenkrad (2‘500), Metalliclackierung (790) und einem Panoramadach(1‘500).
Den i40 Station gibt’s ja schon ab 30‘990 Franken, wegen des tiefen Euro zurzeit sogar schon für 28‘000 Franken. Als Style und mit dem 136 PS-Diesel beträgt der Grundpreis dann allerdings 9‘000 Franken mehr (39‘990) und zusammen mit Automat, Dach und Metallic kommen stolze 44‘780 Franken zusammen. Darin inbegriffen sind z.B. die Klimaautomatik, Sitzheizung, jede Menge Airbags, ABS mit Bremskraftverstärker und -assistenten, ESP, Berganfahrhilfe (braucht man nicht bei einem Automaten), schlüsselloses Einsteigen und Abfahren, Tempomat, Parkpiepser vorn und hinten, Radio/CD MP3-fähig, USB-Anschluss, Kurvenlicht, und vieles mehr.

Und trotzdem: «Hyundai, alles dabei» hiess es früher mal. Trotz sehr guter Serienausstattung fehlt halt doch einiges im Testwagen:
Im Technopack für 3‘400 Franken wäre Xenon-Licht dabei, eine adaptive Frontbeleuchtung AFLS (sozusagen intelligentes Licht), ein Navi mit 7“-Farbdisplay und die Rückfahrkamera. In unserem Testwagen für knapp 45‘000 Franken fehlt das leider alles.
Im Travelpack für weitere 1‘500 Franken wäre u.A. ein Spurhalteassistent und der Parklenkassistent Smart Parking mit dabei.
Das kostenlose Umweltpack „Blue Drive Pack“ hätte in unserem Fall fast nichts gebracht, weil das Stopp/Start-System leider nur mit Handschaltung lieferbar ist. Aber wenn man sich Stopp/Start von andern Autos her gewohnt ist – auch Automaten – dann fehlt dieses spritsparende System einem halt doch.

Interessant ist, dass das Gepäckraummanagement-System und das Panoramadach eingebaut sind, die man sonst nur in einem Pack inbegriffen oder in Verbindung mit einem Paket erhält. Aber das Auto ist brandneu und da wird sich vielleicht noch herauskristallisieren, was wann wo dabei ist. Das Panoramadach über die ganze Dachlänge hat den Vorteil, dass es einerseits bei trübem Wetter das Wageninnere erhellt, man es bei schönem oder heissem Wetter aber auch öffnen kann.

Sicher ist, dass etliches Zubehör, das von den Pressetestfahrten in Norwegen her bekannt (und beliebt!) war, nun effektiv fehlte. Mit den paar wichtigen Optionen wäre der Preis gar auf knapp 50‘000 Franken angestiegen. Und auf diesem Level mischen dann doch ein paar der europäischen (und japanischen) Platzhirsche auch wieder mit.

Der i40, der auf den Seiten riesengross angeschrieben war und so auch fahrende Werbung war, wurde im Alltag eingesetzt, zum Einkaufen, für berufliche Fahrten, zum Flughafen oder zum Fototermin in der Westschweiz . So zeigen sich Stärken und Schwächen am besten.

Zu den Schwächen gehört die Motorstärke. Klar, Fahrspass macht der 136 PS-Diesel nicht, das Leergewicht von 1‘734 Kg muss bewegt werden. Aber Flottenbesitzer geben ihren Aussendienstlern ungern übermotorisierte Autos in die Finger. Doch die 325 Nm ab 2‘000 Touren genügen eigentlich in jeder Lebenslage, um vernünftig vorwärts zu kommen. Aber mehr eben auch nicht.
Das Interieur ist verarbeitungsmässig hochstehend, die Materialien Ok, Farbgebung zeugt nicht von überschwänglicher Lebensfreude. Seriös halt.
Die Schaltwippen am Lenkrad sind nice to have. Man braucht sie nicht, denn zu 99% fährt man im D der Automatik. Würde tatsächlich mal eine scharfe Passfahrt anstehen (mit diesem Motor!), dann könnten die Gänge problemlos auch am Schalthebel von Hand sortiert werden.

Der Test-i40 war bereits mit Winterreifen ausgestattet. Trotzdem machte das Fahrwerk einen sehr sicheren Eindruck. Gefallen hat auch der Zugang zum Laderaum und die clevere Raumeinteilung mit Befestigungsmöglichkeiten. Schlüssel in der Tasche und Fingerdruck auf die Türfalle genügen, um das Auto zu entriegeln. Gestartet wird der Motor durch Druck auf den Startknopf.
Die blau beleuchteten Armaturen sind, je nach Lichteinfall, nicht schlecht ablesbar, ausser dem Radiodisplay, das auch andere Informationen bereitstellt. Genervt (und wie!) hat aber die Musik, die jedesmal vor dem Motorstart und nach dem Abstellen des Motors ertönt, nicht einfach ein Gong oder Pieps, sondern eine laaange piepsige Gong-Musik, die etwas an die Melodie erinnert, die in den Kinos ertönt, wenn die Pause vorbei ist. Gegenüber Passagieren, die asiatische Autos nicht gewohnt sind, fühlt man sich immer zu Entschuldigungen veranlasst für das nervige «Gegonge». Man könne das scheint’s abstellen, haben wir irgendwann vernommen.
Die Heckscheibe wirkt im Rückspiegel wie eine Schiessscharte, ganz klein, mit viel Dunkel drum herum, obwohl der Sichtausschnitt an und für sich genügend gross ist. Trotzdem …

Vom Publikum wurde der i40 sehr gut aufgenommen. Er gefällt. Er fällt halt auch auf mit seinen Schlangenlinien-Tagfahrleuchten. Flottenbesitzer haben teilweise sogar gesagt, er sei ihnen zu gross. Den Leuten kann geholfen werden, für sie gibt es im nächsten Jahr den brandneuen und etwas kleineren i30 Kombi.

Trotz fehlendem Stopp/Start-System und trotz montierter Winterreifen, hielt sich der Verbrauch des unbeladen gefahrenen i40 Wagon mit automatischem Getriebe sehr in Grenzen. Zwar wurden die 6.0 Liter gemäss Norm nicht erreicht. Die meldete nur der Bordcomputer. Effektiv verbrauchte der Testwagen 6.5 Liter, bei allerdings vorwiegend Autobahnfahrt. Mit mehr Kurzstrecken stieg der Verbrauch dann – wie bei jedem Diesel – rasant an. 7.6 Liter sollten es gemäss Norm sein, wir massen auch effektiv 7.6 Liter, 0.6 lt. mehr als der Lügendetektor, ähem, Bordcomputer, anzeigte.


Sieht auch von hinten gut aus. Die Heckscheibe wirkt allerdings von innen wie eine Schiessscharte.

Zusammenfassung
Qualitativ hochstehender und schon in der Grundausstattung gut ausgestatteter Kombi, mit tiefer Ladekante und viel Platz. Für Alltagsfahrten im Mittelland noch genügend motorisiert, für beladene Fahrten im Jura, den Voralpen und Alpen trotz gutem Drehmoment an der untersten Grenze. Die Ausrüstungspakete sind den Preis wert und sollten in die Evaluation einbezogen werden, auch wenn der Endpreis dann auf 50k steigt. Da auch die Restwerte der Occasionen hoch sein sollen und die Garantieleistungen sehr gut sind, weist der i40 Wagon dennoch ein ausgezeichnetes Preis/Leistungsverhältnis auf.

Heiny Volkart VOLKARTpress