Seite wählen

zuendung

29. April 2009

Schicke Kiste

Mercedes-Benz | 0 Kommentare

Schicke Kiste Mercedes GLK 320 CDI 4Matic Die Bezeichnung ist eigentlich gar nicht despektierlich gemeint. Aber kaum dass Subaru seinen Forester aus der Kistchen-Form kürzlich in eine Allerwelts-form gekleidet hat, lanciert Mercedes die GLK-Klasse – in Kistchenform. Rund sei out, eckig sei in, hörten wir. Wir wollten wissen, was die neue GLK-Klasse sonst noch zu […]

Schicke Kiste

Mercedes GLK 320 CDI 4Matic

Die Bezeichnung ist eigentlich gar nicht despektierlich gemeint. Aber kaum dass Subaru seinen Forester aus der Kistchen-Form kürzlich in eine Allerwelts-form gekleidet hat, lanciert Mercedes die GLK-Klasse – in Kistchenform. Rund sei out, eckig sei in, hörten wir. Wir wollten wissen, was die neue GLK-Klasse sonst noch zu bieten hat.


«Ungewöhnlich die Form, gewohnt souverän der Inhalt»

Ab 66‘000 Franken ist man dabei. Dafür erhält man den Offroader als GLK 280, der aber ein 3-Liter V6 ist, der 231 PS leistet. Für 4000 Franken mehr erhält man ebenfalls einen 3-Liter-V6, diesmal als Diesel und der nennt sich 320 CDI. 224 PS Leistung und 540 Nm Drehmoment bei 2‘400 Umdrehungen sind Eckwerte, die sich sehen lassen dürfen.
Einsteigermodell, erhältlich ab ca. Mitte 2009 für 60‘000 Franken, wird der 220 CDI, der als umweltfreundlicher BlueEFFICIENCY angeboten wird. 170 PS leistet der Reihen-Vierzylinder und weist ein Drehmoment von 400Nm (bei 2800 U) auf. Verbrauchswerte sind noch nicht bekannt, der Motor erfüllt die Euro4-Norm und ist in Energieeffizienzkategorie B eingeteilt. Ja, mit einem Leergewicht von 1‘845 Kg sind keine Wunder zu erwarten.
Zum gleichen Preis wie den 320 CDI (ab 70‘000 Franken) gibt’s auch die aktuelle Topmotori-sierung, den 350er. Er leistet 272 PS und gibt 350 Nm bei 5‘000 Umdrehungen ab.

Unser Testwagen, der aktuelle «Einsteiger», war, obwohl von Haus aus schon sehr komfortabel und sicher ausgerüstet, noch mit sehr vielen Extras (19 Positionen) ausgerüstet. Der Preis stieg dadurch von 69‘900 auf 93‘125 Franken (+ 23‘225 Franken). Von den «Seitenschwellern schwarz genarbt» würden wir dringend abraten. Herren machen sich an den Trittbrettern die dunkeln Hosen dreckig, Frauen zerreissen oder verdrecken die Strümpfe.
Warum überhaupt ein GLK? War lange Auffallen Trumpf, gilt Downsizing jetzt als in, nicht nur der Treibstoffpreise wegen. Zudem möchte man doch zeigen, dass man den Klimawandel ernst nimmt.
Die Form, naja, ein Testfahrer sagte «Sie gefällt oder sie gefällt nicht». Mercedes selber sagt «Ungewöhnlich die Form, gewohnt souverän der Inhalt». Möge jeder für sich entscheiden. Was aber gefällt, ist der durchaus selbstbewusste Auftritt.
Aussen hat der GLK die Masse eines Mittelklassewagens: 4,53m lang, 1,84m breit (2,02m inkl. Spiegel), mit 1,70m Höhe wirkt er grösser, man kommt aber trotzdem in jede Tiefgarage. Mit den kompakten Aussenmassen sind auch bezüglich Laderaum keine Wunder zu erwarten, aber 450 Liter sind vernünftig und 1‘550 Liter mit abgelegten Rücksitzen machen den GLK trotzdem brauchbar. Brauchbar vor allem auch, weil die Zuladung 620 Kg beträgt.


Der Kofferraum bietet bis zu 1’550 Liter Platz

Nicht nur der Laderaum ist schön ausgearbeitet, auch Passagierraum und Cockpit machen einen hochwertigen Eindruck und sind sauber verarbeitet (etwas anderes hätten wir auch nicht erwartet). Die halbelektrische Sitzverstellung ist nicht der Weisheit letzter Schluss, aber noch einmal 2‘100 Franken Aufpreis für elektrische Verstellung mit Memory ist «gestohlen».
Ist man einmal installiert, fühlt man sich wohl auf dem Fahrersitz, aber auch auf den Passagiersitzen. Der Motor ist schon in kaltem Zustand kaum als Diesel auszumachen, so gut gekapselt ist er. Das macht das gleichmässig tieftourige Fahren innerorts oder Überland, aber auch schnelle lange Reisen angenehm.
Sieben Gänge an einer Automatik dünken einen viel, das 7G-TRONIC genannte Dienst-mädchen macht seinen Job aber sehr feinfühlig. Die Gänge lassen sich, wie heute üblich, nicht nur automatisch schalten, sondern auch manuell, entweder mittels Schalthebel oder mittels Schaltpaddel am Lenkrad. Brauchen tut man diese Option allerdings nur, wenn man mal richtig um die Kurven einer Bergstrasse fetzen will.
Das Audio APS 50 – System für 2‘260 Franken beinhaltet nur ein Pfeilnavigations-System (ohne Karte). Es ist zwar teuer, aber einfach zu bedienen und funktioniert einwandfrei und sicher.
Dank der bekannten Mercedes-Allradtechnik 4MATIC ist Geländegängigkeit beim GLK kein Lippenbekenntnis. Kraft und Drehmoment werden stets bedarfsgerecht auf alle vier Räder verteilt. Maximale Steigfähigkeit von 70%, Rampen- und Böschungswinkel von 19°, resp. 23°/25°, und eine Wattiefe von 30 cm sind Werte, die den Profi anerkennend nicken lassen.
Wir haben’s auf den Testfahrten nicht ausprobiert, aber bei starkem Schneetreiben auf der fast autoleeren mitternächtlichen Autobahn vermittelte die 4MATIC ein sicheres Gefühl. (Und der Testfahrer erinnerte sich mit ein bisschen Wehmut an seinen ersten privaten 4MATIC, vor weit über 20 Jahren für einen horrenden Aufpreis gekauft).
Die Parktronic funktioniert via blinkende und umherwetzende rote Blinklichter, piepst und man weiss doch nicht, wo man jetzt dann aneckt. Eine simple Autosilhouette mit Angabe an welcher Ecke man sich an etwas annähert, wäre sinnvoller und viel weniger nervtötend.
Bei ganz schlechtem Wetter war zu bemerken, dass Front- und Heckscheibenwischer mit Auf und Ab (Front), resp. Drücken und Ziehen (Heck) einfacher zu bedienen wären als mittels doppelter Drehmechanik.

Ein Auto nur für Fans, Machos und alte Herren? Anlässlich einer ausgedehnten Rekognoszierungsfahrt mit Karten studierenden, Routen diskutierenden und Km notierenden Beifahrern lenkte eine 19 Jahre junge Dame den GLK. Nachdem es erst hiess «Müssen wir mit diesem Panzer gehen?» wollte sie das Auto dann kaum mehr hergeben und fuhr den ganzen Tag lang über alle möglichen Strassen.

Letztlich berechneten wir den Verbrauch auf genau 10 Liter Diesel. Für einen 3-Liter-V6 mit 224 PS und 550 Nm Drehmoment und 1,9 Tonnen Leergewicht, aber tw. beladen gefahren, ein noch akzeptabler Wert. Eingedenk des tw. schlechten Wetters und Autobahnfahrt mit nur 60 bis 80 Km/h aber eher viel. Der Bordomputer zeigte übrigens 9,3 Liter statt der effektiven 10,0 Liter. Gemäss Prospekt müsste der Gesamtverbrauch bei 8,4 Litern liegen.

Selbstverständlich verfügt der GLK über das Swiss Integral-Paket. Garantie und Service während 10 Jahren sind kostenlos (ohne Flüssigkeiten), die ersten drei Jahre oder 100‘000 Km auch alle Reparaturen. Das vergisst man gerne, wenn man Preisvergleiche anstellt oder Mercedes-Autos als teuer bezeichnet. Die SI-Dienstleistungen können übrigens gegen Aufpreis auf bis zu 6 Jahre oder 200‘000 Km verlängert werden.


Die seitlichen Trittbretter verdrecken Hosen oder Strümpfe beim Aussteigen.

Plus/Minus
Der jüngste Spross aus dem Hause Mercedes ist aussen kompakt, bietet innen aber viel Platz. Der Sitzkomfort ist hervorragend, das Gestühl bequem, dürfte aber für das Geld elektrisch verstellbar sein, denn die Sitzverstellung ist gar nicht mercedes-like.
Die eckige Form ist Geschmackssache, der GLK tritt aber selbstbewusst auf. Der 3-Liter-Diesel ist sehr laufruhig, sogar richtig fein, bietet viel Power (Drehmoment), die 7G-Tronic-Schaltung wohl etwas vom Besten.

Dank 4Matic ist der GLK bei allem Untergrund sicher unterwegs. Steigfähigkeit, Rampen- und Böschungswinkel entsprechen fast Werten richtiger Geländewagen. Die Ergonomie der Bedienungselemente ist gut. Die Bedienung der Scheibenwischer mit Auf/Ab, Drücken/Ziehen wäre aber einfacher als Drehen. Das Navi ist zwar simpel (nur Pfeile, keine Karte), aber einfach zu bedienen und genau. Trotz nur 4 ½ Metern Länge bietet der GLK einen genügend grossen Kofferraum und die 620 Kg Zuladung machen den GLK zum tauglichen Transporter.

Der Treibstoffverbrauch ist mit 10 Litern zwar angesichts der Leistung des Fahrzeuges noch knapp angemessen, da viel Langstrecken bei wetterbedingt langsamer Fahrt dabei waren, aber eher an der oberen Grenze. Er ist zudem über 1,6 Liter höher als der Gesamtverbrauch gemäss Werksangaben und 0,7 Liter höher als die Bordcomputerangabe.
Der Preis der Optionen ist zu hoch, der Gesamtpreis auch angesichts der hervorragenden Garantieleistungen (Swiss Integral) eher an der Schmerzgrenze.
Alles in allem: Feine Technik, feines Auto.

Heiny Volkart