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zuendung

22. Juni 2005

Teenage Mutant Hero Turtle

Audi | 0 Kommentare

Im Jahr 2000 schockte Audi die Konkurrenz mit der eierlegenden Wollmilchsau: Der Sportkombi RS4 wurde präsentiert. Eigentlich ein "normaler" Audi A4 Avant, aber mit getunter S4-Maschine unter der Fronthaube. Das 2,7 V6-Biturbo Triebwerk wurde von Cosworth auf eine Leistung von aberwitzigen 380 PS gepumpt. Bei genauerem Hinsehen entpuppen sich auch die optischen Unterschiede zum A4 […]

Im Jahr 2000 schockte Audi die Konkurrenz mit der eierlegenden Wollmilchsau: Der Sportkombi RS4 wurde präsentiert. Eigentlich ein "normaler" Audi A4 Avant, aber mit getunter S4-Maschine unter der Fronthaube. Das 2,7 V6-Biturbo Triebwerk wurde von Cosworth auf eine Leistung von aberwitzigen 380 PS gepumpt. Bei genauerem Hinsehen entpuppen sich auch die optischen Unterschiede zum A4 TDI: Grosszügige Lufteinlässe an der Front, seitliche Kiemen, verbreiterte Radhäuser, zwei ovale Auspuffendrohre und meist das typische Avussilber.

Die Tuner gingen damals noch weiter und holten weit über 500 Pferdestärken aus dem V6, oft lebte dafür das Getriebe nicht mehr lange. Das von uns gefahrene Exemplar blieb in völligem Serienzustand. Serienzustand heisst aber beileibe nicht langsam. Erster Gang, knapp 7000 Touren, zweiter Gang, nochmalls 7000 Umdrehungen und schneller als man diese Worte gelesen hat beschleunigt der RS4 auf 100 km/h. 4,9 Sekunden. Das muss man sich wirklich auf der Zunge zergehen lassen. Oder noch besser: fahren.

Der Fahrer nimmt auf bequemen aber harten Recarositzen platz. Er findet eine angenehm schwergängige Kupplung und eine präzise Lenkung vor. Allerdings hilft die präzise Lenkung bei Spurrillen auf der Autobahn nicht viel, der RS4 läuft ihnen mit seinen 255er Schlappen blind nach. Aber die Autobahn ist auch nicht das bevorzugte Revier dieses Rennkombis. Viel lieber mag er Pässe, dann aber lieber nur mit "Ein-Mann-Besetzung", denn aufgrund des sportlich harten Fahrwerks werden Schwiegermütter auf zu brutale Weise durchgeschüttelt. Der Allradantrieb ist eher frontlastig ausgelegt, deshalb schiebt der forsch bewegte Renntransporter gerne mal über die Vorderräder. Das lässt sich aber mit leichtem Gaslupfen wieder auffangen. Zur Not stehen auch noch bissige Brembos zur Verfügung.

Praktiker überzeugt der RS4 mit seinen Avantqualitäten. Im nicht gerade riesigen Gepäckabteil findet der Wocheneinkauf doch locker Platz und auch für eine Woche Skiferien reicht es aus. Ausserdem sind die meisten RS4 voll ausgestattet und weisen den Weg zum nächsten Supermarkt per GPS. Und wenn der unnötige Ballast wieder weg ist, muss man nicht in den Sportwagen umsteigen, um Spass zu haben. Ferraris ärgern kann man auch mit diesem Kombi.

Aber noch einmal zurück zur Passfahrt. Auch in den schönsten Tunnels klingt der RS4 nicht so, wie ein Sportwagen klingen sollte. Die serienmässige Auspuffanlage vertreibt die durch irre Beschleunigung angelockten Glückshormone. Schade. Dafür verwöhnt der Motor mit fast turbolochlosem Ansprechverhalten in jeder Situation. Das verbleibende Löchlein hat zwei Nebeneffekte: 1. Die meisten Aushilffahrer würgen den Motor unsschön ab, wenn sie aus der Parklücke zu fahren versuchen. 2. Der Verbrauch lässt sich (bei fast permanenter Nutzung des sechsten Ganges) unter zehn Liter drücken.

Wenn man dem RS4 was ankreiden kann, dann dürfte es der durch Abwesenheit glänzende Sound sein. Oder aber die Tatsache, dass er als Gebrauchtwagen defintiv zum Yuppiespielzeug verkommt. Wen das nicht stört, der findet im werksgetunten Avant vielleicht tatsächlich die eierlegende Wollmilchsau. Auf jeden Fall ist der RS4 eines: sauschnell!