Seite wählen

zuendung

28. August 2009

Schnell wie der Wind

VW | 0 Kommentare

Nein, einen warmen Sommerwind von der Sahara her kommend braucht man dieser Tage wahrlich nicht. Doch Scirocco ist beim neuen VW Coupé natürlich nur ein Name. Obwohl Marketingabteilungen gerne die Vergangenheit und damit die lange Tradition bemühen, ist dieses Mal alles anders. New Beetle und Fiat 500 haben gezeigt, was Retrodesign ist: Eine Neuinterpretation ästhetischer […]

Nein, einen warmen Sommerwind von der Sahara her kommend braucht man dieser Tage wahrlich nicht. Doch Scirocco ist beim neuen VW Coupé natürlich nur ein Name. Obwohl Marketingabteilungen gerne die Vergangenheit und damit die lange Tradition bemühen, ist dieses Mal alles anders. New Beetle und Fiat 500 haben gezeigt, was Retrodesign ist: Eine Neuinterpretation ästhetischer Ikonen. Mini, Mustang und Camaro beweisen, wie man mit Zitaten aus der Vergangenheit ununterbrochenen Erfolg hat. Beim Porsche 911 ist eher die stetige Evolution das Thema, trotzdem stammt die Form natürlich aus der Mitte des letzten Jahrhunderts. Doch im Falle des Scirocco hat tatsächlich nur die Modellbezeichnung überlebt. Nicht ein Zitat an die in den Siebzigerjahren von Giugiaro geschaffene Coupé-Linie ist zu finden. Optisch hat der neue VW Scirocco mit den Ahnen nur eines gemeinsam: Er sieht in Weiss am besten aus.


Dark Maroon: Selbst die überaus seltsame Farbe kann das superknackige Scirocco-Heck nicht verunstalten.

Das mir ausgehändigte Testexemplar trägt einen Lack mit dem seltsamen Namen "Dark Maroon". Und so seltsam sieht sie in der Realität auch aus. Schwarz, nein Braun, nein doch nicht, irgendwas dazwischen. Kurz: Ich rate zu Weiss oder Viperngrün. In der superauffälligen Schlangenfarbe wurde damals die Studie Iroc präsentiert. Erstaunlich viel davon wurde in die Serie gerettet; der Scirocco ist mehr als ein Golf-Dreitürer mit Coupé-Anspruch.


Vienna: Die Ledersitze sind bequem, die Mulde im Sitzkissen stört nur am Anfang.

Ja, aus wirklich jedem Winkel sieht der Scirocco aus, als würde er zum Sprung ansetzen. Vorne münden die aggressiv zugeschnittenen Scheinwerfer in einen schmal gehaltenen Kühlergrill. Der grosse Kühllufteinlass befindet sich unter dem Stossfänger. Seitlich fesselt die aufsteigende Fensterlinie die Blicke ebenso, wie die muskulösen Radhäuser. Hinten findet sich dann das knackigste Heck, dass es je an einem VW zu bewundern gab, flankiert von wunderbar kraftvollen Schultern. Lecker. Bis die R-Version mit über 250 PS an den Start geht, stellt der 2.0 TSI die Spitzenmotorisierung dar. Und genau die darf ich bewegen. 200 PS an der Vorderachse sind schon mal eine anständige Ansage. Also Tür auf und hinein ins Vergnügen.


Starke Schulter: Ja, das ist ein VW. Wunderbar, dass man sich das in Wolfsburg traut.

Wer denkt, dass sich im Interieur der Golf breit macht, hat nur zum Teil recht. Natürlich stammen die meisten Teile aus dem Konzernregal. Aber: Alleine durch die tiefere Sitzposition, das eingezogene Dach und die markanten Türzuziehgriffe, kommt eine andere, eine sportlichere Atmosphäre auf. Das Testexemplar wartet mit den feinen Ledersitzen (Vienna) auf, die das Erlebnis weiter versüssen. Die Rahmenkopfstützen der beiden Rücksitze sehen super aus, rauben aber noch mehr von der ohnehin nur im bescheidenen Masse vorhandenen Übersicht nach hinten. Hier zollt man der schnittigen Form Tribut.


Interlagos: Die schönen Räder gibt's auch glanzpoliert.

Egal, beim Fahren schaut man ja nach vorne. In diese Richtung rennt der Scirocco sowieso am liebsten. Dass der Vorwärtsdrang nicht mehr mit den Modellen der Vergangenheit vergleichbar ist, bestätigen mir auch Ex-Scirocco-Fahrer. Die sind übrigens von der Form sehr angetan, obwohl sie nicht an ihr Schätzchen aus den 70er Jahren erinnert. Zum Glück bieten die Sitze anständigen Seitenhalt, denn auf Geheiss geht der Zweitürer auch zackig um die Ecken, um die Fuhre am Ende mit kraftvollen Turbobiss aus der Kurve zu reissen. Das macht so richtig Spass, so dass der Direkteinspritzer etwas häufiger nach neuem Futter verlangt. Flott bewegt pendelte sich der Verbrauch bei 8,9 Liter ein. Mit leichterem Gasfuss sind aber bestimmt auch Werte um 7 Liter realistisch.


Muskulös: Dem Scirocco sieht man seine 200 PS an.

Scirocco-Piloten werden aber häufiger zackig unterwegs sein, sonst hätten sie ja zum praktischeren Golf-Bruder gegriffen. Preislich ist die Distanz der VW-Geschwister nicht riesig, bewegt sich ausstattungsbereinigt im dreistelligen Bereich. Das Testexemplar schlug mit happigen 51'500 Franken zu Buche, war aber auch mit zahlreichen Goodies ausgestattet. Besonders das überzeugende Touchscreen-Navi und die Lederausstattung sind für ein solches Genussauto schon fast Pflicht. Wunderbar, dass VW uns endlich ein solches Auto gönnt. Eines, das nicht nur mit perfekter Verarbeitung, fortschrittlicher Technik und simpler Bedienung überzeugt. Nein, eines, das einem so richtig ans Herz wachsen kann. Bleibt zu hoffen, dass der Scirocco auch in Zukunft kräftig wehen darf.