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28. März 2016

Shiro Nakamura im Interview

Interview | 0 Kommentare

Shiro Nakamura ist Vice Presiden of Design bei Nissan. Er hat massgeblich an Modellen wie dem Nissan GT-R und Juke aber auch an der aktuellen Designsprache von Infiniti mitgearbeitet. Wir durften den 64-jährigen in Genf zum Interview treffen. zündung.ch: Nissan tritt weltweit auf. Gibt es ein Design, das global funktioniert? Wenn ja, was sind entscheidende […]
Shiro Nakamura

Shiro Nakamura ist Vice Presiden of Design bei Nissan. Er hat massgeblich an Modellen wie dem Nissan GT-R und Juke aber auch an der aktuellen Designsprache von Infiniti mitgearbeitet. Wir durften den 64-jährigen in Genf zum Interview treffen.

zündung.ch: Nissan tritt weltweit auf. Gibt es ein Design, das global funktioniert? Wenn ja, was sind entscheidende Kriterien dafür?

Nakamura: Ich glaube, dass es inzwischen global funktionieren kann. Aber das war früher anders. Wir bewegen uns in eine stilistisch emotionalere, sportlichere Richtung, die weltweit gut ankommt. Allerdings muss alles auch praktisch sein. Nissan ist eine Volumenmarke . Also geht es darum, dass man die Balance zwischen Praxistauglichkeit und emotionalen Komponenten findet. Wir würden nie einen Kompromiss zu Ungunsten der Praxistauglichkeit machen. Wir werden das neben den bestehenden Crossover-Modellen auch beim bald erscheinenden Micra sehen.

zündung.ch: Wenn ich den alten und den neuen Qashqai anschaue, dann sehe ich zwei kompett andere Designsprachen. Es scheint mir, dass es da eher Richtung Aggressivität und Sportlichkeit geht. Was waren die Gründe für diesen markanten Wechsel bei einem so erfolgreichen Modell?

Nakamura: Der erste Quashqai war sehr erfolgreich, wurde die Nummer 1 im Segment. Aber… man kann nicht auf dem gleichen Level weiter machen, man muss sich immer steigern. Wenn man die beiden vergleicht, so sind sie von der Funktionalität her sehr ähnlich. Aber der neue ist viel sportlicher, emotionaler und auch aggressiver. Eine dritte Generation müsste sogar noch weiter gehen.

zündung.ch: Der Nissan Juke ist auch in der Schweiz sehr erfolgreich. Wird ein Nachfolger wieder so mutig designt werden können?

Nakamura: Ja, wir werden da noch mutiger sein. Wir haben da schon gewisse Ideen. Sie werden in zwei Jahren sehen, was ich damit meine.

zündung.ch: Der Nissan Pulsar war designmässig nicht so mutig. Ist der Style in diesem Segment weniger wichtig?

Nakamura: Design ist in jedem Segment sehr wichtig. Es ist immer erste Priorität. Juke und Quashqai sind für Europa designt, der Pulsar dagegen muss global funktionieren.

Nissan GT-R 2016

zündung.ch: Der Nissan GT-R ist schon fast eine Ikone, die alten Skylines gelten unter Fans auch hier als Legenden. Im Interview mit Car Magazine haben Sie gesagt, Sie hätten noch nichts für ihn gemacht… trotzdem: Wie könnte ein Nachfolger ausschauen?

Nakamura: Wir entwickeln den aktuellen GT-R noch immer weiter. Wir werden damit auch noch ein wenig weiter machen. Eigentlich werden wir sogar noch ein paar Jahre so weiter machen. Denn der GT-R ist immer noch eines der schnellsten Autos überhaupt. Wir haben den Nismo entwickelt, der zeigt, was im GT-R noch so steckt. Weil also das aktuelle Modell noch so viel Potential hat, gibt es für uns keinen Grund, schon einen Nachfolger zu bringen.

zündung.ch: Also gibt uns der Concept Car Vision 2020 keinen Ausblick auf einen künftigen GT-R?

Nakamura: Wir wären nicht Nissan, hätten wir bei der Gestaltung eines Concept Cars für einen Supersportwagen nicht den GT-R und seine Stylingelement im Hinterkopf. Der 2020 ist aber eine reine Studie.

zündung.ch: Die Concept Cars IDx Freeflow und Nismo kamen entgegen meiner Vermutung beim Publikum nicht so gut an. Was waren die Gründe dafür?

Nakamura: Persönlich glaube ich, dass diese Art von Fahrzeug sehr viel Potential hat. Und wir hatten auch einige sehr gute Reaktionen auf diese Studien. Aber man muss sehen, dass solch ein Modell sich momentan tendenziell nicht rechnen würde.

Shiro Nakamura

zündung.ch Gibt es trotzdem Bestrebungen, einen Konkurrenten für den GT86/BRZ/FR-S marktreif zu bringen? Wie könnte so ein Auto aussehen? Wäre das nicht zu viel Konkurrenz für den hauseigenen 370Z?

Nakamura: Ich glaube, wir müssen die Sportwagen bei Nissan neu arrangieren. Wir haben mit 370Z und GT-R bereits zwei im Programm, was für unseren Brand genug ist.

zündung.ch: Autonmous Driving ist ein Riesenthema im Moment. Was für einen Effekt hat das selbstfahrende Auto auf das Design der Fahrzeuge?

Nakamura: Wir zeigen hier den IDS, der schön veranschaulicht, dass sich die Veränderungen vor allem auf der Innenseite abspielen werden. Die Innenräume werden völlig neu gestaltet werden. Das wird revolutionär. Die Kommunikation zwischen Fahrer und Auto wird sich stark verändern. Aussen wird sich nicht viel ändern, da auch die Sicherheitsbestimmungen nicht gross ändern werden. Weiter muss es auch immer noch emotional sein.

nakamuraids

zündung.ch: Obwohl wir nicht mehr selbst fahren, muss es immer noch so aussehen?

Nakamura: Der Punkt ist, dass ein Design eines Autos immer im Stand gut aussehen muss. Und da verhalten sich selbstfahrende Autos und unsere heutigen Fahrzeuge identisch. Ein Auto muss toll aussehen, wenn es vor dem Café steht, egal ob es sich selbst fährt oder nicht.

zündung.ch: Eine persönlichere Frage: Wie schaut ein Tag im Leben des Nissan Vice President of Design aus?

Nakamura: Mein tägliches Leben? Ich gehe ins Büro (lacht.) Ich gehe um 8:30 Uhr ins Büro, ich höre um 8:30 abends mit dem Arbeiten auf. Normalerweise reiht sich da Meeting an Meeting. Manchmal sind das 12 Meetings an einem. Auch Interviews, so wie dieses hier.

zündung.ch: Wenn Sie sich die Konkurrenz so anschauen, wer ist momentan designmässig am besten unterwegs? Warum?

Nakamura: Es gibt aktuell sehr viele gute Designer. Es gibt viele starke Marken, die Deutschen Premiummarken sind immer sehr gut, aber auch die Koreaner, Toyota, aber auch Volkswagen.

zündung.ch: Schauen Sie sich überhaupt die anderen Designs an.

Nakamura: Nun, wir müssen die anderen kennen, um sie nicht zu kopieren. Wir wollen nicht wie alle anderen aussehen. Und genau deshalb müssen wir alle kennen.

zündung.ch: Wenn ich mir Inifiniti ansehe, würde ich sagen, dass Sie da eine sehr eigene Designsprache gefunden haben. Man kann auf einen Blick sagen, jawohl, das ist ein Infiniti.

Nakamura: Ja, endlich! Das hat uns viel Zeit gekostet. Q50, Q60, Q30 – alle sind sehr klar als Infiti zu erkennen. Auch bei Nissan: Juke, Qashqai und X-Trail sind sofort als Nissan zu erkennen. Das wir auch beim kommenden Micra gut zu sehen sein. Wir wollen aber nicht ein Design in verschiedenen Grössen verkaufen. Die Modelle müssen auch voneinander zu unterscheiden sein, gleichzeitig muss man sofort sehen, dass es ein Nissan ist.

zündung.ch: Sie können völlig frei draufloszeichnen… was für ein Auto würden Sie designen?

Nakamura: Ein zweitüriges Coupé. Nicht zu gross. Sehr schöne Proportionen. Grosse Räder. Sehr einfach.

zündung.ch: Das klingt sehr schön. Wenn Sie ein Auto kaufen müssten, dass nicht aus der Nissan-Gruppe kommt, was wäre das?

Nakamura: Ein neues Auto?

zündung.ch: Ja.

Nakamura: Das ist schwierig…. ich weiss nicht. Ich kann mir gar nicht vorstellen, etwas anderes als einen Nissan oder Infiniti zu kaufen. Ein altes vielleicht? Die Italiener der 1960er sind die Besten und die der 1930er, Touring-Design vor allem. Das sind vielleicht die besten der Geschichte.

Nissan_Silvia_1965

zündung.ch: Sammeln Sie auch Autos?

Nakamura: Ich habe eine ganz kleine Sammlung, bestehend aus zwei Fahrzeugen. Da ist ein Nissan Z, aber kein 240Z, es handelt sich um einen 4Z210. Das ist ein sehr spezielles Auto. Es hat den Motor des GTR der ersten Generation. Das andere ist ein Nissan Silvia (siehe Bild) der ersten Generation. Das eine Auto habe ich wegen seiner klassischen Schönheit, den Silvia, das andere wegen seiner Technik. Beide sind äusserst selten, es gibt nur je knapp 500 gebaute Exemplare von ihnen.

zündung.ch: Vielen Dank für das Interview.

aus dem Englischen von Amadé Fries