Als wären bei Kia Designer im Team, die einst samstagnachts mit Standlicht und eingeschalteten Nebellampen durch die Ausgehmeilen promenierten – ja, das war mal cool! –, spendierten sie dem Gran Turismo tellergrosse, tief unten montierte Tagfahrlichter. Je vier LED im Quadrat angeordnet leuchten taghell. Zugegeben, die sind cool. Zusammen mit anderen Details, wie den dunkel eingefärbten 20 Zoll-Rädern und mehr Schwarz statt Chrom runbum heben sie den GT raffiniert vom Cee’d Basismodell ab. Der sportliche Auftritt weckt Erwartungen, gerade weil Kia bisher nicht für PS-Überflieger bekannt war. 204 Pferde sollen es sein; wir setzen uns gespannt hinters Steuer.
Schon auf den ersten Metern durchs feierabendliche Verkehrsgeschehen schätzen wir den Zusatzschub, den die Koreaner dem 1,6 Liter-Motor entlocken. Dem bewährten Vierzylinder Benziner haucht ein Turbolader Leben in die Brennräume. Mit Nachdruck: Satte 265 Newtonmeter Drehmoment serviert das Downsizing-Rezept ab 1750 U/min und lassen einen fälschlicherweise eine grössere Maschine unter der Haube vermuten. Die sechs Gänge sind rasch und präzise sortiert und bieten den passenden Anschluss beim Beschleunigen. Man spürt, dass die Entwickler nicht einfach ein bewährtes Sportmodell kopiert, sondern selbst einige Runden mit dem GT gedreht haben: Sehr guter Halt in den Sportsitzen, das sauber genähte Lederlenkrad liegt griffig in den Händen, und die Leistung fliesst leicht kontrollierbar, sobald es der rechte Fuss denn will. Angenehm sind die fünf Türen, die auch bei Kompaktsportlern anderer Hersteller vermehrt die Coupéversion bedrängen. Wer letztere bevorzugt, für den oder für die – in überraschend vielen sportlichen Kompaktwagen sind Fahrerinnen unterwegs – bietet Kia mit dem Pro_Cee’d ein rassiges, dreitüriges Coupé mit denselben Leistungsmerkmalen.
Das hochauflösende Display, das über die „GT-Taste“ am Lenkrad von normaler Geschwindigkeitsanzeige auf Sportmodus wechselt, trübt den seriösen Ersteindruck etwas. Es zeigt an, wie viel Drehmoment der Motor gerade entwickelt. Uns erscheint diese Information wenig wertvoll, da sie ohnehin mit der Ladedruckanzeige rechts im Display übereinstimmt. Ist der Motor noch kalt, arbeitet die Sportmaschine übrigens nur mit halbem Ladedruck. Verständlich, denn wer sieben Jahre Garantie anbietet, will vorzeitige Schäden vermeiden. Der volle Druck steht aber bald an, und der kleine Vierventiler dreht munter hoch. Jenseits von 3500 U/min beisst er richtig zu, reisst aber nicht mit derselben Gewalt, wie dies ähnlich starke, aufgeladene Zweilitermotoren in anderen Kompaktwagen können. Seine Stärke liegt in der Harmonie, er dreht willig bis zum Maximum und macht Laune auf rasche Fortbewegung, ohne gleich die Vorderreifen zu zerstören.
Erstaunlich ist das Fahrwerk des koreanischen Sporterstlings: In schnell gefahrenen Alltagsmanövern kann es mit den Mitbewerbern durchaus mithalten. Wir empfinden es auch nicht als unangenehm hart. Und einen angenehmen Unterhaltungswert haben die Koreaner dem Chassis mit auf den Weg gegeben: Gas in schnellen Kurven lüpfen wird mit leichtem Übersteuern quittiert. Dabei greift die Stabilitätskontrolle sanft ein und verhindert den Ritt in die Leitplanke. Interessant sind die Passantenreaktionen: Viele sind vom Aussehen des Kompaktsportlers begeistert und freuen sich über die Entwicklung des koreanischen Anbieters vom Billiganbieter zum Hersteller von ernst zu nehmenden und hübsch anzusehenden Fahrzeugen.
Standard an Bord sind Ledersitze von Recaro, Lenkrad- und Sitzheizung oder die partiell beheizbare Frontscheibe. Gegen einen maximalen Aufpreis von CHF 5090 liefert Kia Metallic-Lackierung, Panoramaglasdach, Spurhalteassistent, Rückfahrkamera und ein Navigationssystem. Letzteres lässt sich intuitiv bedienen, wobei diese Eigenschaft den Kia Modellen schon länger eigen ist. Kunden können ihren Wagen zwar beschränkt individualisieren (abgesehen von der Farbe und den wenigen Extras), erhalten dafür eine grosszügige Grundversorgung. Wozu es die verschiedenen Lenkmodi braucht, ist uns jedoch immer noch nicht klar. Nach wie vor gibt es für diese kaum merkliche Verstellmöglichkeit einen an ergonomisch günstig platzierter Stelle am Lenkrad einen Knopf. Ein Sparwunder ist der GT natürgemäss weniger, er hielt die Werksangaben in unserem Test mit 7,4 Litern auf 100 Kilmeter im Gemischtbetrieb trotzdem ein. Abschliessend finden wir, dass Kia der Sprung in die Sportliga geglückt ist. Den Kia Cee’d 1,6 GT gibt es ab 35‘777 CHF. Wie von uns probiert, mit Top-Ausstattung ohne Metallic-Lackierung sind CHF 40‘277 fällig. Bemerkenswert ist die Garantie von sieben Jahren, die auch für den hochgezüchteten Antrieb gilt. Insbesondere, da Wagen dieser Klasse kaum je im Schongang bewegt werden. Mit dem Cee’d GT verspricht Kia sieben sorglose Gran Turismo Jahre.