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27. Februar 2025

Spring, kleiner Dacia, spring!

Dacia | 0 Kommentare

Elektroautos sind gross und schwer. Das hat damit zu tun, dass mehr Reichweite automatisch mit einer grösseren Akkukapazität und damit mit einem höheren Gewicht und meist auch mit raumgreifenderen Ausmassen einher geht. Was für eine wohltuende Abwechslung stellt da der kleine Dacia Spring dar. Frisch facegeliftet schaut er keck in die Welt. Bis auf den […]

Elektroautos sind gross und schwer. Das hat damit zu tun, dass mehr Reichweite automatisch mit einer grösseren Akkukapazität und damit mit einem höheren Gewicht und meist auch mit raumgreifenderen Ausmassen einher geht. Was für eine wohltuende Abwechslung stellt da der kleine Dacia Spring dar. Frisch facegeliftet schaut er keck in die Welt. Bis auf den gerade erscheinenden Hyundai Inster, der das Budget allerdings etwas mehr belastet, und den eher unbekannten JAC e-JS1 ist der kleine Rumäne alleine in diesem Segment.

Doch ist der Dacia nicht eher ein Franzose? Schliesslich stellt die Marke das Angebot für sparsame Käufer:innen des Renault-Konzerns dar. Nein, der Spring wird weder in Frankreich noch in Rumänien, sondern bei Dongfeng in China gebaut. Unter anderem deshalb dürfte der günstige Einstiegspreis überhaupt erst möglich werden: Denn allerbilligsten Spring erhält man bereits für 15’000 Franken. Dann tuckert man mit etwas spärlichen 45 PS durch die Gegend, muss Spiegel und Scheiben von Hand bewegen und verzichtet ganz auf eine Schnelllademöglichkeit. Auch eine Klimaanlage fehlt. Daher durchaus angenehm, kommt der Testwagen in der Ausstattung Extreme inklusive optionalem CCS-Anschluss.

Wir halten fest: Mit kleineren Autos wäre das Parkplatzproblem auch nicht ganz so gross…

Ok, im Winter bräuchte es nicht zwingend eine Klimaanlage. Da die Reichweite bei kühlen Temperaturen aber unter 200 Kilometer sinkt, wäre die Absenz eines Gleichstromanschlusses dann schon schwer zu verschmerzen. Selbst wenn dieser wie hier nur mit maximal 30 Kilowatt Strom aufnimmt und somit eher ein Mittelschnelllader ist. Genug der Theorie, jetzt wird gefahren. Damit es dann tatsächlich losgehen kann, muss ich den nicht einklappbaren Schlüsselbart in einen Schlitz seitlich an der Lenksäule stecken und ihn dann drehen. Ältere mögen sich allenfalls erinnern. Danach ertönt jedoch kein Anlassergeräusch, stattdessen erscheint das Wort „Ready“ im digitalen Tachodisplay. Handbremse lösen, Fahrstufe D via Schaltstummel wählen und los geht’s.

Die Ladeklappe findet sich vorne zentral

Ich fahre die stärkere Version mit 65 PS und das reicht tatsächlich. Dank einem Federgewicht von gerade einmal 1050 Kilogramm setzt sich der rotorange Zwerg mit erfreulichem Vorwärtsdrang in Bewegung. Klar, eine Höchstgeschwindigkeit von 125 km/h dürfte beim Auto-Quartett kaum stechen. Ehrlicherweise dürfen wir aber in der Schweiz nirgends schneller fahren. Also: So what?! Es ist dann auch weniger die Beschleunigung auf Tempo 100 (13,7 Sekunden), sondern auf 50 (3,9 Sekunden), die im Alltag durchaus zu einem Grinsen anregt. Bei leicht feuchter Fahrbahn reichen die 113 Newtonmeter Drehmoment sogar für ein leichtes Kratzen auf dem Asphalt. An der Ampel kommt es auf jeden Fall für zum einen oder anderen Überraschungssmoment.

Facelift: Am schwarzen Balken zwischen den Rückleuchten ist die aktuellste Version zu erkennen

Überrascht bin ich dann im Parkhaus. Ich habe mich an breite Autos gewöhnt. Parkieren mit ihnen ist mühsam und gerade in Parkhäusern auch mal zeitraubend, weil man zwar in die Lücken kommt, aber dann nicht aussteigen kann. In Luzern fahre ich mit dem Spring dann rückwärts in genau so eine Lücke. Doch, oh Wunder, nicht nur ich, auch die Beifahrerin steigt problemlos aus. Kurzer Blick ins Datenblatt: Der Dacia Spring ist gerade einmal 1,58 Meter breit. Dazu kommen relativ dünne und kurze Türen. Mit 3,7 Meter Länge passt er auch sonst wunderbar in den Stadtverkehr. Die Schattenseite dieser sehr kompakten Abmessungen findet sich auf der Rückbank. Dort gibt es trotz entsprechender Türen kaum Platz für erwachsene Passagiere. Ganz hinten warten dafür 300 Liter an Kofferraum. Lieferdienste, die auf vier Rädern unterwegs sein möchten, sollten den Spring auf jeden Fall anschauen, zumal die Rückenlehne auch noch umlegbar ist.

Schmal: Der Dacia Spring (rechts) hält sich zurück

Anschauen kann man ihn seit dem Facelift sogar noch besser. Die fröhliche Rouge Brique (Ziegelrot) kostet 650 Franken Aufpreis und harmoniert bestens mit den schwarzen Kontrastteilen und den ebenfalls schwarzen Radläufen. Die Leuchteinheiten erinnern ringsum an den grösseren Duster. Von diesem übernimmt er auch gewisse kupferfarbene Akzente im Innenraum oder an den Aussenspiegeln. Besonders cool sind die Stadtkartensticker auf den Stossfängern vorne wie hinten. Sie schützen die Stossfläche und können im Schadenfall einfach ersetzt werden. Laut meiner Recherche handelt es sich bei der Karte übrigens nicht um jene einer real existierenden Stadt. Vielleicht wäre dies noch eine Idee für Anbietern von Zubehör. Seine eigene Stadt in Form einer abstrakten Karte auf dem Stossfänger spazieren zu fahren, wäre doch endlich eine moderne Variante der früher üblichen Stickersets.

Cool: Stadtkarte auf dem Stossfänger

Nicht ganz wie üblich fällt auch die Ausstattung des Kleinwagens aus. Sitzhöhenverstellung, Sitzheizung, Lenkradheizung, automatische Klimatisierung, KeylessGo, Abstandstempomat, axiale Verstellung der Lenksäule fehlen ebenso, wie ein Regensensor. Aber vermisse ich diese Goodies auch tatsächlich? Eigentlich nicht wirklich. Die Sitzposition ist ok, die Temperatur regle ich problemlos selber und den Einarmwischer zu starten, ist auch keine Hexerei. Eher störend: Unter der Motorhaube gibt es neben der Technik viel Raum, den man mangels Abdeckung aber nicht als Frunk nutzen kann. Ein Blick in die Zubehörliste schafft Erleichterung, für 277 Franken gibt es eine Wanne, die aus dem blossen Motorraum einen nutzbaren Frunk mit 38 Liter Kapazität macht.

Hier könnte Ihr Frunk sein: Die Wanne für den Motorraum kostet aber Aufpreis

Man sieht, bei Dacia hat man an Vieles gedacht. Der Testwagen kommt in dieser Farbe und mit Schnelllademöglichkeit auf 18’950 Franken. Dass es im Innenraum durch fehlende Dämmung etwas lauter wird, kann da nicht weiter schockieren. Der Dacia Spring wirkt auf mich wie ein moderner Fiat Panda. Ein Auto, das nichts zuviel hat und trotzdem Spass macht. Selbst die gefühllose Lenkung und das nicht gerade rücksichtsvolle Fahrwerk sind zu verschmerzen, weil er dafür sehr agil ist und auch mit einem relativ kleinen Wendekreis punkten kann. Die Pro-Argumente beginnen bei der fröhlichen Optik an, führen über den durchaus lebendigen Antrieb und enden bei einem mehr als brauchbaren Infotainmentsystem samt Rückfahrkamera und Navigation. Oben auf dem Bildschirm gibt’s übrigens gut versteckt physische Lautstärketasten.

Praktisch: Das Interieur funktioniert auch dank echten Tasten fürs Klima einwandfrei

Die Fahrt mit endet rein rechnerisch übrigens schon nach 150 Kilometer, wenn es februarkalt ist. Dann liegt der Verbrauch nämlich bei 18 kWh auf 100 Kilometer. Doch ein Auto, dessen Name zu Deutsch Frühling bedeutet, sehnt sich natürlich nach wärmeren Temperaturen. Unter milderen Bedingungen dürfte der Stromkonsum gegen 14 kWh tendieren, was dann eher für die im Cityverkehr alltagstauglichen 200 Kilometer reichen würde. Da auch das Laden über Wechselstrom nicht die üblichen 11 kW erreicht (maximal nur 3,7 kW), muss man trotz des kleinen Akkus genügend Zeit dafür einplanen. Vielleicht hilft es ja, wenn man ihn dabei anfeuert: Spring, kleiner Dacia, Spring!