Wenn der Motor brummt, läuft er schon. Diese Faustregel gilt für die meisten herkömmlichen Wagen, nicht aber für den Tesla Roadster. Im Gegenteil, der Tesla läuft sanft und surrt wie eine Gasturbine – schallgedämpft natürlich. Für öV-Benutzer: Eine Fahrt im Trolleybus hat rein akustisch gesehen viel gemeinsam mit einem Tesla-Ausritt. Wobei bemerkenswert ist, dass der kleine Roadster genauso über 288 Elektro-PS verfügt wie ein moderner Schubgelenk-Trolley. Die Idee des grossen Motors in der kleinen Karre funktioniert seit über 100 Jahren in verschiedensten Ausführungen. Man denke zum Beispiel an den legendären AC Cobra.
Ohne Lüftungslöcher: Auch der Elektroantrieb braucht Kühlung. Aber nicht so viel wie ein Verbrennungsmotor.
Glaubt man den Worten der neuen Automarke, will das erste Modell ansonsten mehrere alte Zöpfe abschneiden. Tesla-Fahrer müssen nicht ein- und auskuppeln, Gänge wechseln oder gar den Motor bei Rotlicht ausmachen. Ungleich anderen Sportwagen braucht er nicht mal die Betriebstemperatur abzuwarten, ehe der rechte Fuss das Gaspedal bis zum Bodenblech durchdrückt. Freilich, des Teslas Gaspedal regelt nicht die Luftzufuhr zum Motor, sondern dessen Stromaufnahme. Und weil weder Kupplung noch Getriebe nötig sind, regelt der rechte Fuss direkt die Fahrgeschwindigkeit. Der Daimler-Deutsche Begriff „Fahrpedal“ passt hier perfekt. Doch was soll’s, wir sind eh bloss scharf darauf, die legendären Beschleunigungsorgien endlich am eigenen Körper zu erfahren.
Jochen Rudat, der für die Schweiz zuständige Tesla-Mann lässt uns bald ans Steuer des Zweisitzers. Ein- und Aussteigen lässt sich mit den in der Schweiz weit verbreiteten Lotus Elise üben. Schliesslich basiert der Tesla Roadster auf der englischen Fahrmaschine. Das eine Bein über die breiten Schweller direkt in den Fussraum strecken, dann das Gesäss auf den Sitz gleiten lassen und das zweite Bein nachziehen. Very elegant indeed (not). Da ist es schon weit einfacher, in einem Trolleybus Platz zu nehmen.
Und weg: So werden den Tesla die meisten Verkehrsteilnehmer sehen.
Einspuren, auf die rote Ampel zurollen – bis hierhin unterscheidet sich das Fahrerlebnis wenig von dem eines elektrisch angetriebenen Hubstaplers. Gespannt erwarten wir die nächste Grünphase (der Ampel). Schliesslich stehen wir kurz davor, eine angebliche Revolution des Individualverkehrs zu erfahren.
Bisher beschränken sich die elektrisch zurückgelegten Kilometer auf öffentliche Gefährte wie Bus, Bahn und Aufzug sowie auf Individualverkehrsmittel wie dem Twike, einem Elektrohubstapler und ein Golfwägelchen. Und wie so oft im richtigen Leben stehen wir auf der falschen Fahrspur, was wir bevor die „gewöhnlichen“ Autos rechts von uns anfahren in Ordnung bringen müssen.
Grün! Säuferli bewegt der rechte Fuss das Fahrpedal, welches einen Regler in Stellung X dreht und ein Signal an die schwarze Box sendet, diese wiederum eine Frequenz dem Relais mitteilt und den Batteriesaft ausströmen lässt. Oder so ähnlich. Da ist es eben so eine Sache mit den Autotestern: Sämtliches Autowissen droht den Bach hinunter zu gehen, wenn die „alternativen“ Antriebe sich bald verbreiten. Mal sehen wie lange es geht, bis die Benzinmenschen auch etwas von Strom verstehen. Schön waren die Zeiten, als man einen automobilen Antrieb noch mit den Worten „Nun Sohn, das ist der Vergaser, davor sitzt die Drosselklappe. Drückt man das Gaspedal, öffnet diese und lässt Luft durch den Vergaser strömen, die dort feine Benzintröpfchen aufnimmt…“ erklären konnte, und zwar allgemeingültig.
Nicht alle sind begeistert: Wer Ansaug- und Auspuffsound erwartet, wird enttäuscht.
Zurück zum Ampelstart: Die kleinste Pedalbewegung schiebt den Roadster zügig an, untermalt vom typischen Sausen eines Elektromotors (mein Pullover kennt das Geräusch bestimmt vom letzten Schleudergang). So unsexy ein mit Drähten umwickeltes Stück Metall im Vergleich zu einem kunstvoll gestalteten Zwölfzylindermotor sein mag, die Drehmomentkurve lässt alle „Kolbenschüttler“ vor Neid blockieren: Von null bis 5400 Umdrehungen pro Minute schädigen 370Nm die Hinterreifen. Das heisst: Volle Kraft aus dem Stand. Zwischen Motor und Rädern sitzt keine Kupplung, sondern ein Getriebe mit fester Übersetzung sowie ein Differenzial. In der Fahrpraxis schlagen die 288 Elektro-PS vehement zu. Und zwar bei jeder Geschwindigkeit. Der Spurwechsel ist längst geglückt, die anderen Wagen vom Ampelstart sind längst verschwunden (was nicht an der schlechten Sicht nach hinten liegt). Der unmittelbar einsetzende Schub lässt einen erschrecken: Derart gewaltig zischt die elektrisch angetriebene Maschine los, dass es einem Respekt einflösst. Gleichzeitig zaubert der Tesla uns ein Lächeln ins Gesicht – und tut das auch mit Leuten, die Beschleunigungsorgien an sich nicht beeindrucken: Die Wucht, mit der die Flunder weg will, zieht jedem die Mundwinkel in Richtung Ohren.
Drehmomentgerade: Der Vergleich mit anderen Antrieben ist beeindruckend.
Wie von der Elise gewohnt, fühlen sich die Fahrerhände am Lenkrad äusserst wohl, weil sie Richtungsänderungen den Rädern quasi ohne Umweg mitteilen. Eine Servolenkung gibt’s nicht, ist bei dem geringen Gewicht auf der Vorderachse aber auch nicht nötig. Leergewicht: 1238kg inkl. Batterien. Das sind gut 300kg mehr als bei einer Elise, die sich bei den Fahreigenschaften niederschlagen. Dennoch spielt der Tesla in einer sehr hohen Liga. Elektrifizert einen der Antrieb nicht, die Lenkung und das Fahrverhalten tun es jedenfalls. Flink wie ein Eichhörnchen im Park wetzt der Tesla durchs städtische Verkehrsgeschehen. Er beschleunigt bei Bedarf wie ein Raumschiff: Die Aussenwelt wird nur verschwommen wahrgenommen. Bis man den Fuss vom Fahrpedal nimmt. Der Elektromotor wirkt dann als Bremse und füllt mit der frei werdenden Energie den Stromvorrat. Dieser fein bremsende Rekuperationsvorgang macht den Tesla sehr fahrbar. Das heisst, in jeder Situation steht eine Unmenge an Kraft zur Verfügung, die plötzlich und trotzdem fein dosierbar für die Flucht nach vorn sorgt. Wünscht der Fahrer Verlangsamung, hebt er den Fuss, dann bremst der Rekuperationsbetrieb ähnlich dem Schiebebetrieb eines Verbrennungsmotors. Geradezu ideal ausgerüstet ist der Tesla damit für schnelle Zwischensprints oder um sich im Verkehrsgewimmel flink von einer Lücke zur anderen zu stehlen.
Einstiegserleichterung: Bald darf die Tesla Limousine erwartet weden.
6831 Einzelzellen speichern den unsichtbaren Lebenssaft im Tesla, was je nach Fahrweise für über 300 Kilometer reicht. Für eine volle Ladung reichen dreieinhalb Stunden, von null bis 100 km/h verstreichen 3,9 Sekunden, die Batterien sollen etwa sieben Jahre halten. Ein Auto, das Unpraktisches mit Umweltfreundlichem vereint. Wir freuen uns auf die fünftürige Limousine des kalifornischen Herstellers, die im Alltag deutlich mehr Sinn machen dürfte als der Sportzweisitzer. Nach der Teslafahrt gönnen wir keinem Elektrogerät den Standbystrom mehr. Strom darf nicht verschwendet werden, mit dem Tesla verfügt die Welt über ein Gerät, das das hinunterschiessende Stauseewasser direkt in Fortbewegung umzusetzen scheint. Negativ, wie so oft beim Thema Fortbewegung fällt der Preis auf. So wie wir den Tesla gefahren haben, kostet er 180'000 Franken. Das ist schon fast Porsche Turbo-Region und freilich weit weg vom Traum der emissionsfreien Massenmobilität…