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amadefries

10. Mai 2015

Kein X-beliebiger Kleinwagen

Toyota | 0 Kommentare

Man mag es kaum glauben: Das soll der neue Aygo sein? Der erste seiner Art war klein, rund, knuffig oder wie wir sagen würden: Irgendwie herzig. Klein ist der Neue immer noch, aber herzig möchte er wohl nicht mehr genannt werden. Das X an der Front sieht fast ein bisschen aggressiv aus. Als hätte sich […]

Man mag es kaum glauben: Das soll der neue Aygo sein? Der erste seiner Art war klein, rund, knuffig oder wie wir sagen würden: Irgendwie herzig. Klein ist der Neue immer noch, aber herzig möchte er wohl nicht mehr genannt werden. Das X an der Front sieht fast ein bisschen aggressiv aus. Als hätte sich der kleine Japaner gleich zwei Messer zwischen die Zähne geklemmt. Er will eben kein x-beliebiger Kleinwagen sein. Und so ein bisschen erinnert dar Frontdesign sogar an die luxuriösen Verwandten von Lexus.

Weniger bissig geht es dann unter der Haube zu und her. Da sitzt ein Dreizylinder, wie das inzwischen in vielen Klein- und Kleinstwagen üblich ist. Die einen lachen und sagen „Nähmaschinenmotörchen“, die anderen nicken zustimmend, im Wissen, dass der Downsizingtrend duchaus auch schon richtig gute Aggregate hervorgebracht hat. Da gibt es den TwinAir-Winzling von Fiat oder den fröhlichen Triple im Mini Cooper, aber auch den gar nicht so schwachbrüstigen Dreier im Adam. Im Aygo sind es zwei Varianten erhältlich: Den 1,0 mit 69 PS und den hier getesteten 1,2 Liter mit nicht ganz so spärlichen 82 PS.

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Aber ob sie ausreichen, um die Strecke Luzern – Sion angenehm zu absolvieren? Ein bisschen gemein ist es ja schon, einem Stadtwagen eine solch lange Fahrt anzutun. Aber wenn wir uns an das gross aufgerissene Maul an der Front erinnern, würde der kleine Japaner ganz bestimmt nicht geschont werden wollen. Also ab ins Wallis.

Zuerst wird mit ein paar Fingerbewegungen das Ziel ins Navi eingegeben. Schön, dass man bei Toyota für akzeptable 630 Franken ein gut funktionierendes System erhält. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass man schon die 440 Franken für den Touchscreen (inklusive Rückfahrkamera) ausgegeben hat. Die X-Touch genannte Einheit kann problemlos mit den Systemen der Konkurrenz mithalten. Die hübsch gestalteten Icons sind so dimensioniert, dass auch die Bedienung während der Fahrt kein Problem wäre. Als Highlight liesse sich sogar noch ein WLAN-Hotspot ordern (500 CHF), womit dann bis zu 5 Geräte mit dem Internet verbunden werden könnten.

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Doch wir wollen ja nicht surfen, sondern fahren. Zwei Personen und unser Fotoequipment füllen den Fünftürer schon so, dass wir uns ein bisschen fragen, ob auf der Rückbank wirklich noch jemand mitfahren könnte. Auf 3,45 Meter sind halt keine First-Class-Platzverhältnisse zu erwarten. Dank optionalen Ledersesseln weht aber dennoch der Geruch der oberen Zehntausend durch die Kabine. Vorne sitzt man durchaus bequem, nach zweieinhalb Stunden Fahrt ist der Rücken dann aber docheinigermassen gebeutelt.

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Mit der Rückfahrt aus dem Wallis steht auch die steile Passage bei Lausanne an. Hier muss das Motörchen richtig arbeiten. Einen Gang runter, und noch einen. Angestrengt kämpft sich der zweitkleinste Toyota den Berg hinauf. Nein, Spass hat er hier wirklich keinen. Aber er erklimmt ihn ohne grössere Probleme. Geradeaus übertönt der Wind den Dreiender wieder. Alles scheint wieder in Ordnung zu sein.

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Natürlich zollt man an der Tankstelle Tribut für solche stadtwagenunübliche Übungen. 6,2 Liter auf 100 Kilometer sind dann auch keine Glanzleistung der Sparsamkeit. Der Vergleich mit dem Normverbrauch von 4,3 Liter fällt also ziemlich desaströs aus. Enttäuschend auch, dass man seitens Toyota auf eine Start-Stopp-Automatik verzichtet. Sie ist nur für den 1,0 Liter mit manuellem Getriebe erhältlich. Dazu war das Testexemplar mit erst 500 km beim Start quasi jungfräulich. Der Verbrauch könnte später also noch ein bisschen sinken.

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Ansonsten kann sich der neue Toyota Aygo aber absolut sehen lassen. Sein mutiges Design polarisiert, wo der Vorgänger noch blosse Jöö-Geräusche erzeugt hatte. Er grenzt sich so auch klar gegenüber seinen französischen Verwandten ab. Die Bedienung gibt keine Rätsel auf. Das Fahren bereitet durchaus Spass, wenn man dem Kleinen nicht gerade reihenweise gröbste Steigungen zumutet. Die Ausstattung ist gut, auch wenn auf Assistenzelektronik weitestgehend verzichtet wird. So scheint der Preis von 19’930 Franken für den Testwagen doch relativ stolz, zumal da bereits 2000 Franken Euro-Bonus abgezogen sind. Die Kundschaft wird sich das genau ansehen. Momentan gibt es nämlich auch für den grösseren Yaris satte Prämien, die dessen Preis in ähnliche Regionen sinken lassen. Der Aygo hat also guten Grund, etwas grimmig in die Welt zu schauen.