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zuendung

25. Dezember 2010

Umsteigen ohne abzusteigen

VW | 0 Kommentare

Vom Golf R steige ich direkt in den VW Polo 1.2 TSI Highline DSG um. Abgesehen vom Markenemblem und der Bauart des Getriebes haben die beiden nicht viel gemeinsam. Und ein Blick auf den Preis des Testwagens verrät die Ausmasse dieses "Abstiegs": 63'160 zu 30'780 CHF. Bei der Leistung sieht es ähnlich aus: 270 zu […]

Vom Golf R steige ich direkt in den VW Polo 1.2 TSI Highline DSG um. Abgesehen vom Markenemblem und der Bauart des Getriebes haben die beiden nicht viel gemeinsam. Und ein Blick auf den Preis des Testwagens verrät die Ausmasse dieses "Abstiegs": 63'160 zu 30'780 CHF. Bei der Leistung sieht es ähnlich aus: 270 zu 105 PS. Ich mache mich also auf ein eher der schlichten Fortbewegung verpflichtetes Mobil mit wenig Charme und Komfort gefasst. Werden meine Erwartungen bestätigt?

Zunächst einmal überrascht der Test-Polo mit einer mutigen Farbgebung: Das Flash-Rot steht dem kleinsten Wolfsburger blendend. Mit einer echten Farbe sticht man aus all den Grautönen heraus. Nur beim Wiederverkauf könnte dann das böse Erwachen kommen. Ans Verkaufen will ich nun aber nicht denken, schliesslich "gehört" der rote Kleinwagen nur eine Woche mir. Eine Woche, die gleich dazu dient, die Winterfestigkeit zu testen. Der Schnee im Flachland sollte aber eigentlich kein Problem sein, und auch die fehlende Sitzheizung stört bei Stoffsitzen nicht wirklich.

Der Innenraum ist VW-typisch nüchtern gehalten. Die Materialqualität weiss ebenso zu überzeugen wie die Verarbeitung. Wohin ich auch fasse, alles ist irgendwie für die Ewigkeit gemacht. Dazu gehört auch das griffige Dreispeichenlenkrad, das zudem auch optisch zu gefallen weiss. Auch die bequemen Sitze passen. Eine Erwähnung wert ist auch die für heutige Verhältnisse sehr gute Übersichtlichkeit. Der Polo entgeht dem Trend zur extremen Keilform, ohne deswegen altbacken auszusehen. Im Gegenteil: Bei genauerer Betrachtung würde ich den Volkswagen für das B-Segment sogar als Designerstück bezeichnen.

Die Linien sind klar, die Proportionen perfekt. Gleich zwei Dinge, die den Polo vom Über-Bruder Golf unterscheiden. Das mag auch daran liegen, dass der kleinere der beiden eine völlige Neuentwicklung darstellt, während der andere in wesentlichen Teilen ein Facelift der Vorgänergeneration darstellt. Vielleicht wird man in ein paar Jahren zurückblicken und den Polo als Designmeilenstein bezeichnen, wie man das heute gerne mit dem Golf I tut. Mit dem aktuellen Golf verbindet den Kleinen neben Multimedia-Ausstattung auch der Motor. Der 1.2 Liter TSI mit 105 PS stellt bis Hinauf zum GTI die leistungsmässige Speerspitze im Programm dar. Im Testwagen ist es mit dem optionalen Direktschaltgetriebe verblockt. Während mich im Golf R die gestörte Harmonie zwischen Motor und Getriebe nervte, präsentiert sich der Polo von einer ganz anderen Seite. Zum ersten Mal seit langem war es mir egal, die Gänge nicht mittels Schaltstock traditionell selbst zu wechseln. Nicht mal die Paddel am Lenkrad vermisste ich. Und wenn wirklich einmal manuell eingegriffen werden soll, gehorchen die Zahnräder der fordernden Hand schnell und unauffällig, sobald der Hebel in die dafür vorgesehene Schaltebene verschoben wird.

Das Getriebe passt also, was ist mit dem kleinen Turbo unter der Haube? Mit einer ähnlichen Leistung ging vor Jahrzehnten der erste GTI von VW in Serie. Heute entlockt man einem Autofan mit 105 PS in einem Kleinwagen höchstens noch einen langgezogenen Gähner. Längst gibt es Sportvarianten mit weit jenseits von 160 PS. Tatsache ist aber, dass ich mich mit der hier gebotenen Kraft in allen Lagen bestens angezogen fühle. Sei das beim Mitschwimmen im Stadtverkehr von Ampel zu Ampel, sei es beim Einbiegen auf die Autobahn oder sei es auch beim sportiven Überholmanöver auf der Landstrasse. Dort spielt der Polo zudem seine angenehm direkte Lenkung aus. Die Frage ist bloss, ob bei solch vielfältigen Talenten die Effizienz zu kurz kommt. Im Test zeigte sich der TSI mit 6,1 Liter auf 100 km von der sparsamen Seite. Sparen kann man sich indes auch das integrierte Navi "RNS 310", das nicht nur mühsam zu bedienen ist, sondern sich auch beim Routen berechnen sehr viel Zeit lässt.

Unter dem Strich war mein Eindruck vom VW Polo also auch nach dem Umstieg vom Golf R sehr positiv. Ein Abstieg war das keinesfalls. Vier Personen finden bequem Platz im schlichten, aber qualitativ hochwertigen Innenraum. Das Motor- / Getriebepaket harmoniert perfekt und wird auch Sparfüchse überzeugen. Weiter hat mir die äussere Form im Zusammenspiel mit dem schönen Rotton sehr gut gefallen. Wir wir schon seit dem ersten Abschnitt wissen, ist der gefahrene TSI nicht eben billig. Doch in Anbetracht der überzeugenden Leistung würde ich ihn jederzeit dem mehr als doppelt so teuren Power-Golf vorziehen.