Ganz in Schwarz aber ohne entsprechenden Blumenstrauss steht er da. Klar, ist ja auch die Black Edition. Alles, was noch irgendwie nicht schwarz war, ist jetzt in der dunkelsten aller Farben gehüllt. Felgen, VW-Logo, Zierelemente, halt wirklich alles. Ja, der Golf R macht in der neuesten Edition genau da weiter, wo er schon immer zuhause war. Der Power-Kompakte hat inzwischen 333 PS und somit genau 92 mehr als damals im Jahr 2003 sein Urahne R32. Dies, obwohl er nicht mehr auf 3,2, sondern „nur“ noch auf 2 Liter Hubraum und 4 statt 6 Zylinder vertrauen kann.

Sympathische Nostalgie: Ja, hier werden noch diverse Temperaturen angezeigt
Doch genug der Nostalgie. Auch 2025 stellt der R noch die sportliche Speerspitze bei VW dar. Denn auch wenn die GTX-Modelle noch 7 PS mehr leisten, so ist deren Sportlichkeit nur schon durch das Mehrgewicht bei weitem nicht so ausgeprägt. Hier wird noch klassisch Benzin in Wärme, Vortrieb und Sound umgewandelt. Für letzteren hat der Testwagen die 4140 Franken teure Titanauspuffanlage an Bord. Die ist übrigens nicht schwar, sondern titanfarben. Doch sonst könnte es einem durchaus schwarz vor Augen werden, wenn man der Preisliste zu viel Aufmerksamkeit widmet. 78’562 Franken sind ein stolzer Preis für einen Kompakten.
Aber wir wollen mal nicht mäkeln, nein, wir wollen fahren. Startknopf und Schaltstummel sind heute Standard. Grosse Vorteile ergeben sich dadurch – etwa durch neu gewonnene Ablagemöglichkeiten – eigentlich nicht. Und so ein richtiger Hebel wäre doch schon sportlicher, oder? Entschlossen, auch wirklich etwas vom „R“ zu spüren, drücke ich direkt die entsprechende Taste am Lenkrad. Und schon schreien die vier Akrapovic-Röhren am Heck. Dazu geht das DSG in den Angriffsmodus. Nein, zum Lieblingsnachbarn wird man damit nicht, aber ein leicht pubertäres Grinsen macht sich dafür im Gesicht breit.

Golf bleibt Golf: Die Seitenansicht mit dicker C-Säule ist seit Generationen unverwechselbar
Auch Mitfahrende könnten sich ob des sportlichsten Golf etwas nerven, falls er sich im „Race“-Modus befindet. Die Gänge werden lange gehalten, um dann lautstark und mit gnadenlosem Ruck gewechselt zu werden. Das Fahrwerk gibt sich kommunikativ, vermittelt den Fahrbahnzustand jederzeit transparent. Doch in dieser Einstellung dürfte man den R sowieso meistens alleine bewegen. Knackiges Anbremsen, souveränes Einlenken, poweriges aus-der-Kurve-Hämmern – So ging das früher in den Sportwagen. Und so geht es hier noch immer. Herrlich.

Immerhin: Das blaue R wertet die nicht sonderlich praktischen Touchbereiche am Lenkrad auf
Der VW Golf R ist auch in der neuesten Auflage noch ein spassiger Geselle, mit dem man gerne mal die Landstrasse statt die Autobahn nimmt. Falls es doch nur zum Supermarkt oder in die nächste Stadt geht, kein Problem, denn auch das passt. Auch dank noch immer kompakten Ausmassen und guter Übersichtlichkeit bleibt er ein hervorragender Begleiter bei Alltagsaufgaben. Die Kinder zum Fussball fahren, einkaufen, dann eine Runde über die Hausstrecke. Es sind genau jene Kombinationen, die den schnellsten des Golfsrudels so begehrenswert machen.

Licht an: Bei der Black Edition wirken Details wie das leuchtende Logo besonders edel
Obendrauf kommt eine Menge Komfort. Bei kalten Temperaturen wärmen Sitze und das Lenkrad automatisch, bei warmen wird einem der Rücken gekühlt. Der Sound aus dem Harman Kardon-Audiosystem verdient sich gute Noten. Das VW-Multimediasystem funktioniert inzwischen tadellos, Mobiltelefone werden kabellos eingespiegelt. Klar, die Slider sind noch immer gewöhnungsbedürftig und auch die Lenkradtasten könnten besser bedienbar sein. Doch grundsätzlich lässt sich damit arbeiten. Und immerhin befindet sich am Steuer besagte R-Taste und dazu ist es noch fast ganz rund, was heutzutage tatsächlich schon als bemerkenswert positiv notiert werden muss.
Nicht vergessen wollen wir den Allradantrieb. Auch wenn jetzt gerade wieder die warme Jahreszeit ansteht, so ist man um die Kraft der vier Räder doch nicht unglücklich. Das merke ich, als ein etwas übertriebener Gasstoss Leben in die Bude bringt und sich der Golf mit durchaus lockerem Heck durch die Kurve schmeissen lässt. Übertriebenes Untersteuern gibt’s hier nicht, trotzdem bleibt das Gerät gut beherrschbar. Zur Not stünden ja noch die vorne gelochten Bremsscheiben parat.

Schaltstummel und CarPlay: Auch der Golf R kann sich der Generation Smartphone nicht verschliessen
Konkurrenz kennt der R praktisch nicht. Denn gegenüber seinen Mitstreitern aus Stuttgart, München oder auch Ingolstadt hat er einen universellen Vorteil: Er ist und bleibt ein Golf. Fährt man im Comfort- oder Eco-Modus, fällt man nur den Expert:innen auf. Denn die Black-Edition ist zwar cool, das Schwarz macht aber auch die angriffigsten optischen Features unauffälliger. Air Curtains an der Front, Heckspoiler am Dachende, R-Badges rundherum, grossformatige Felgen und trotz allem: Er bleibt der sprichwörtliche Golf im Schafspelz. Ich gehe davon aus, dass genau diese Eigenschaft als Undercover-Sportler von der Kundschaft besonders geschätzt wird.

Akrapovic: Die vier Rohre dürfen auch beim Black in Titan strahlen.
Selbige dürfte sich aber nun schon fragen, wie es mit dem Golf R nach dieser Generation weitergeht. Die Elektrifizierung nimmt unaufhaltsam ihren Lauf. Auch sportliche Kompakte dürften mehr und mehr als Stromer auf den Markt kommen. Für die klassischen Benzinvernichter dürfte es derweil eng werden. Für den VW Golf heisst es aber für den Moment noch: WeiteR geht’s!