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zuendung

12. Februar 2007

Unterdrückte Gefühle

Audi | 0 Kommentare

Der Vergleich mag den Quattro-Puristen vor Entsetzen sämtliche Differenzialsperren aus dem Antriebsstrang schlagen, doch eigentlich ist der TT der legitime Nachfolger des Ur-Quattro. Natürlich haben die S- und RS-Modelle mehr Bums, aber auch alle haben mehr Türen. Na ja, ganz streng genommen müsste der R8 die Erbfolge antreten. Doch der Mittelmotor-Renner ist noch nicht in […]

Der Vergleich mag den Quattro-Puristen vor Entsetzen sämtliche Differenzialsperren aus dem Antriebsstrang schlagen, doch eigentlich ist der TT der legitime Nachfolger des Ur-Quattro. Natürlich haben die S- und RS-Modelle mehr Bums, aber auch alle haben mehr Türen. Na ja, ganz streng genommen müsste der R8 die Erbfolge antreten. Doch der Mittelmotor-Renner ist noch nicht in seiner High-End-Version mit V10-Motor verfügbar, daher für zuendung.ch uninteressant, schließlich machen wir – wie bereits häufiger erwähnt – keine halben Sachen.


Groß isser: Natürlich trägt auch der TT den Audi-typischen Plakettengrill.

Das vorläufige Topmodell des TT stand hingegen zur Ausfahrt bereit. Zudem verfügt auch der TT lediglich über zwei Türen und basiert auf der Großserie, ganz wie der Opa. Nur einen Turbomotor hat der Top-TT nicht, der findet sich im 200 PS starken Einstiegsmodell. Später wird ein aufgeladener Vierzylinder dem TT-RS Beine machen, aber das dauert noch ein Weilchen. Jetzt erwecken wir erst einmal den 3,2 Liter großen Sechszylinder-Sauger zum Leben – und sind gleich ein bisserl enttäuscht. Man hört fast gar nichts. Der technisch eng verwandte Golf R32 ist besser bei Stimme. Dafür macht der Audi alleine durch seinen optischen Auftritt klar, dass er ein Sportcoupé sein will. Walter Da Silva, Ex-Designer der Ingolstädter, musste die beim Debüt der ersten Generation des TT bahnbrechend-neue Linie herüberretten ohne einen langweiligen Abklatsch zu schaffen. Nun liegt Geschmack immer noch im Auge des Betrachters. Im Falle des Autors findet der Audi Zustimmung. Mit typischem, großem Grill, grimmig blickenden Scheinwerfern, scharfen Lichtkanten und einem zurückhaltend integrierten, weil ausfahrbarem Spoiler strahlt der aktuelle TT jene Ernsthaftigkeit aus, die dem Vorgänger fehlte. Der war ein wenig zu lieb-knubbelig geraten. Nur das ordinäre Silber des Testwagens lässt Langeweile aufkommen. Dabei steht dem TT Rot unglaublich gut.


Weg isser: Der Spoiler fährt nurmehr bei Bedarf aus, selbstverständlich elektrisch.

Das Interieur hüllt sich in dezentes schwarz, kombiniert mit ein paar Alu-Spielereien. Freude an der Farbe kommt hier also auch keine auf. Dafür freut sich das Sportfahrerherz über die perfekte Ergonomie, vom unten abgeflachten Lenkrad einmal abgesehen. Nett gemeint, braucht’s aber nicht, vor allem, weil die Spange in Alu-Otik beim Umgreifen unkontrolliert durch die Finger flutscht. Druck- oder gar Zugschalter für die Sperren im Allrad-Antriebsstrang wie beim Ur-Quattro finden sich keine, die Kraft wir permanent mittels elektronisch geregelter Lamellenkupplung zwischen den Achsen verteilt. Davon merkt der Pilot natürlich nichts. Wie er überhaupt relativ wenig merkt. Dem TT fehlt es Faszination. Keine Frage, der Audi ist schnell. In unter sechs Sekunden auf 100 Km/h, spielend leicht am Begrenzer bei 250 Km/h. Die Fahrwerksabstimmung haben die Ingenieure so hingetüftelt, dass weder lange Autobahnetappen noch knackige Landpartien über verwinkelte Straßen dritter Ordnung das Coupé zum Bandscheibenkiller oder rollendem Hindernis werden lassen. Traktion ist dank Allrad sowieso kein Thema. Ein bisschen mehr Entschlossenheit, eben wie beim Design, hätte ich mir auch beim Fahrverhalten gewünscht.


Praktisch isser: An der Bedienung gibt es (fast) nichts zu mäkeln.

Damit meine ich nicht, dass er bei jedem Lastwechsel den adretten Hintern in Richtung Kurvenrand schwenken soll. Aber ein etwas weniger Untersteuern hätte es sein dürfen. Okay, die aufgezogene Winterbereifung mag hier eine Rolle spielen. Die Grundcharakteristik des Setups ist aber auch mit M+S-Reifen klar erkennbar. Zu allem Überfluss hält sich, wie eingangs erwähnt, der V6 ebenfalls dezent im Hintergrund zurück. Das Triebwerk dreht gerne und viel, statt aber wie ein gereizter großer Hund zu knurren, brummt das Aggregat vielmehr wie ein zufriedener, dicker Kater. Und wenn das sensationelle DSG beim runterschalten ein Schuss Zwischengas gibt, sprazzelt es nicht aus den Untiefen der Auspuffanlage. Überhaupt ist das in S tronic umbenannte Getriebe das einzige Bauteil, was dem Spieltrieb eines Sportwagen-Eigners entgegen kommt. Es ist immer wieder begeisternd, wie unglaublich schnell und ruckfrei die Gänge gewechselt werden können – immer Begleitet von der Hoffnung, dass der V6 doch noch die Stimme erheben möge.


Schön isser: Der neue TT ist eine gelungene Neuinterpretation der Linie des Vorgängers.

Das der TT das Zeug hat, seinen Konkurrenten wie dem Porsche Cayman Kreise um die Ohren zu fahren, haben schon einige Tests bewiesen und man nimmt dem Ingolstädter diese Fähigkeit auch ab. Leider fehlt dem adretten Coupé die Charakterstärke einiger seiner Mitbewerber – und auch einiger Markenbrüder. Ein Audi S6 beispielsweise, der Komfort bewusste Sportfahrer auf Langstrecken begleiten soll, darf sich mehr Härte in den Federbeinen und ein deutlich kräftigeres Organ leisten. Vom Gänsehaut bildenden Wesen eines aus seinen fünf Töpfen bollernden Ur-Quattro ist der TT nochmals Lichtjahre entfernt. Zugegeben, der TT dürfte sich auch von der Performance um eben diese Distanz von seinem Ahnen entfernt haben. Warten wir also gespannt auf die TT-Interpretation der Quattro GmbH. Vielleicht haut es dann wieder den Quattro-Freaks die Schalter Sperren aus den Achsen – diesmal vor Begeisterung.


Flach isser: Die Silhoutte orientiert sich klar am Vorgänger.