Nein, wahrscheinlich heisst VZ nicht VerbrennerZerstörer. Also, eigentlich ist es laut Pressemitteilung relativ klar, dass VZ für das spanische Wort veloz (Geschwindigkeit) stehen soll. Aber mit 326 PS könnte so manche Hot-Hatch-Fahrerin für einmal etwas neugieriger über den Verbrennertellerrand schauen. Gibt es da jenseits von Golf GTI, Hyundai i30N und Honda Civic Type R eine moderne Alternative aus Spanien? Dass die Leistung alleine über die Hinterachse abgegeben wird, dürfte dieses Klientel eher freuen denn abschrecken.

Kein Erkennungszeichen: Diese geschmiedete Alu-Felge gibt’s auch für andere Born. Top aussehen tut sie trotzdem.
Als ich damals zum ersten Mal mit dem Born durch Barcelona steuerte, schreckte mich die Bedienung (ja, die unbeleuchteten Slider…) und die instabile Software (Navi-Screen im Stadtgewirr eingefroren) ab. Doch das Fahrerlebnis an sich war von Anfang an stimmig, wovon ich mich damals im Hinterland von Sitges überzeugen konnte. Wie hat sich das seither verändert? Nun, VW hat der Multimediaeinheit ein Update gegönnt, wovon auch Cupra profitiert. Die Slider sind nun beleuchtet, Softwareabstürze habe ich keine erlebt. Ansonsten ist der Born weiterhin die fahraktivere und für viele Betrachter:innen die attraktivere Variante des ID.3. Diese Eigenschaften sollten sich mit Erscheinen der Sportversion VZ weiter akzentuieren.
Auch der schnellste Born kommt übrigens nicht aus Spanien. Auch nicht drauss’ vom Walde kommt er her, obwohl die Sonderfarbe Dark Forest als VZ-Erkennungszeichen aufgebracht wurde. Gebaut wird er nämlich weiterhin in Zwickau. Gegenüber den schwächeren Versionen unterscheidet er sich neben dem Motor durch neue Federn und Dämpfer an der Hinterachse. Das ganze Fahrwerkssetup wurde verbessert, zudem gibt es hinten bissigere Trommelbremsen. Auch die Lenkung wurde angepasst, hard- und softwareseiteig aufgerüstet, wie es in der Pressemeldung heisst. Und wie fühlt sich die ganze Sache an?

Erkennungszeichen: Das Spanish Racing Green oder wie es Cupra nennt „Dark Forest“ gibt’s nur für den VZ
Gar nicht mal so übel. Das fängt schon bei den beim VZ serienmässigen CUPBucket-Sitzen an. Des Gestühl ist nicht nur richtig bequem, sondern gibt auch anständig Halt. Die Verstellung erfolgt erlektrisch. Am Lenkrad, das leider immer noch über die kapazitiven Tasten verfügt, drücke ich rechts die Cupra-Taste und schon ist die sportliche Abstimmung gewählt. Die Fahrstufe wird am rechten Lenkradstummel gewählt. Ansatzlos startet der Born in den Alltagsverkehr. Auf künstliches „Sportgebrumme“ wird wohltuenderweise verzichtet. Passagiere würden nicht bemerken, dass sie im schnellsten Born sitzen.

Erkennungszeichen: Die Cupra CUPBucket-Sitze gibt es nur für den VZ (bitte probesitzen, fallen relativ schmal aus)
Und auch als Fahrer hält sich das Erlebnis zunächst in Grenzen. Auf meinen etwas entschlosseneren Fahrpedaldruck geht es dann aber mit entsprechender Vehemenz nach vorn. Dabei ist der Leistungsanfall auf Wunsch so plötzlich, dass die Köpfe der Mitfahrenden an die Kopfstützen knallen. Ja, die Mehrleistung ist eindeutig spürbar. Und ab der ersten Kurve zeigt sich, dass auch der Feinschliff am Fahrwerk mit den breiteren Rädern die Wirkung nicht verfehlt. Sofort fühle ich mich wohl, getraue mich, die Bögen etwas dynamischer anzugehen. Ansatzweise sind sogar leichte Drifts erfahrbar. Natürlich sind die zwei Tonnen Leergewicht nicht einfach weggeblasen, aber die Leichtfüssigkeit ist doch bemerkenswert. Fast so spielerisch wie der Golf GTI lässt er sich bewegen. Auf 100 nimmt er diesem übrigens 3 Zehntel ab, erledigt die Übung in 5,6 Sekunden. Selbst auf der deutschen Autobahn muss er nicht mehr allzu früh nach rechts, rennt nämlich im Unterschied zu den zivileren Versionen nicht bloss abgeriegelte 140, sondern volle 200 km/h.

Erkennungszeichen: Anders als bei den schwächeren Versionen sind die Schriftzüge beim VZ dunkelgrau statt kupferfarben
Wer es lieber gemütlich mag, wird auch nicht enttäuscht. Das Sennheiser Audio System ist seine 650 Franken Aufpreis locker wert, bringt besten Sound in die Hütte. Und natürlich lässt sich die Ambientebeleuchtung individuell regulieren. Ablagen gibt’s in der Mittelkonsole und auch in den Türtaschen genug. Das Handy wird kabellos geladen, Apple CarPlay funktioniert ebenso. Das Navigationssystem funktioniert aber auch ohne Handyanbindung mit Einbezug von Echtzeitverkehrsdaten. Zudem werden die Richtungsangaben gut verständlich ins HeadUp Display eingeblendet. Der Bezug der Sitze wurde zum grössten Teil aus rezykliertem Material hergestellt, fasst sich aber dennoch sehr angenehm an. Nachhaltigkeit kann und darf auch Spass machen. Ein Motto, das so auch zu Cupra generell und zum VZ im Speziellen passt.

Inzwischen recht funktional: Beleuchtete Slider und ein absturzsicheres Multimediasystem bringen Ruhe während der Fahrt
Normalerweise hört der Spass an der Kasse auf. Doch die Spanier haben ein durchaus attraktives Paket geschnürt. Bei 46’700 Franken geht es los, wenn man sich für einen Cupra Born VZ interessiert. Mit allen verbauten Extras kommt unser Pressewagen auf 55’050 Franken. Fair. Ebenfalls im geniessbaren Bereich bewegt sich der Verbrauch. Bei tiefen einstelligen Temperaturen verbrauchte der Test-VZ auf 100 km 23 Kilowattstunden. Das Strompedal wurde dabei nicht selten ganz durchgedrückt, Sitz- und Lenkradheizung waren quasi im Dauereinsatz.

Geht gut: Sowohl Fahren als auch Laden klappt mit dem Cupra Born VZ in mehr denn anständiger Geschwindgkeit
Also alles im Grünen im grünen Elektrokompakten? Bei so viel Leistung würde sich wohl manch einer Allrad wünschen, gerade im Winter. Die Sportschalen sind haltstark und sehen toll aus, sind für breite Hüften aber etwas hart und schmal geraten. Die Touchfelder am Lenkrad nerven noch immer. Und dann verzichtet man weiterhin auf einen One-Pedal-Mode, was ich als Ärgernis empfinde. Ansonsten gibt es nicht viel, das einen davon abhalten könnte, eine ganze Reihe von Verbrennern von der Liste zu streichen. Mit ungefähr 400 Kilometer Reichweite (im Sommer) braucht man auch vor Reisen keinen übertriebenen Respekt zu haben. Auf der offiziellen Cupra-Website wird einem derzeit der Kauf zusätzlich versüsst. Dort bieten Händler Neufahrzeuge deutlich unter dem Neupreis an. Ob das reicht, um der Hot-Hatch-Gilde den Rang abzulaufen?