zuendung

19. September 2005

Warum muss ein Auto alles können?

Mercedes-Benz | 0 Kommentare

Zollamt Dreilinden. Bis 1989 semipermeable Membran für den Berlin-Transit. Jetzt ist Dreilinden vorwiegend als Stammsitz von ebay Deutschland bekannt. Auch die sich an den ehemaligen Grenzübergang anschließende A.V.U.S. sprich Auto-, Verkehrs- und Übungsstraße, hat Patina angesetzt. Zuletzt feierte die aus der DTM hervorgegangene ITC hier Erfolge. Darunter auch Mercedes mit der ersten C-Klasse. An der […]

Zollamt Dreilinden. Bis 1989 semipermeable Membran für den Berlin-Transit. Jetzt ist Dreilinden vorwiegend als Stammsitz von ebay Deutschland bekannt. Auch die sich an den ehemaligen Grenzübergang anschließende A.V.U.S. sprich Auto-, Verkehrs- und Übungsstraße, hat Patina angesetzt. Zuletzt feierte die aus der DTM hervorgegangene ITC hier Erfolge. Darunter auch Mercedes mit der ersten C-Klasse.

An der ehemaligen Minol-Tanke parkt nun ein Mercedes ML 320 CDI, in Silber, was sonst. Eines dieser SUVs, die ich eigentlich nicht ausstehen kann. Weil diese Autos nichts richtig können. Eines vorweg: Auch der neue ML ist weder ausgesprochen sportlich noch extrem geländegängig. Sonderlich geräumig ist er ebenfalls nicht und komfortablere Mercedes als die M-Klasse gibt es Weißgott genug. Doch dieser geschichtsträchtigen Foto-Location ging eine Fahrt über gut 550 Kilometer voraus. In viereinhalb Stunden. An einem Freitagnachmittag, unter Einhaltung sämtlicher Tempolimits. Und von mir aus könnten es noch mehr werden. Der ML ist ein wunderbarer Reisewagen. Die perfekt geschnittenen, mit einer Mischung aus Leder und Alcantara bezogenen Sportsitze sind nur ein Teil des schwäbisch-amerikanischen Wohlfühl-Packages.

Dazu gesellt sich ein Fahrwerk mit Luftfederung, dessen Sport-Stellung die Seitenneigung des hohen Aufbaus minimiert. Darüber hinaus veranlasst diese Einstellung eine direktere Lenkung sowie eine spontanere Gasannahme. Davon macht man gerne Gebrauch, denn der 224 PS starke Diesel hat mit dem 2,2 Tonnen schweren ML kein leichtes Spiel. Der kräftige Sechszylinder schiebt mit seinen 510 Newtonmetern ordentlich an, die Siebengang-Automatik hat dabei immer die passende Fahrstufe parat. Sogar der hohen Sitzposition kann ich inzwischen einiges abgewinnen.

Warum mochte ich diese Autos eigentlich nicht? Sogar auf der kurvenreichen A9 jenseits des Dreiecks Bayerisches Vogtland ließ sich der Allrad-Brocken recht behände in die Ecken werfen. Auf den Geraden erweist sich Tacho 200 km/h als adäquate Reisegeschwindigkeit. Das andere extrem ist der Berliner Stadtverkehr. Aber auch hier kann ich nichts wirklich Kritikwürdiges am Daimler finden. Einparken vor den Kneipen im Prenzlauer Berg? Dank übersichtlicher Karosserie und sensiblem Parkpiepser ist "einen auf dicke Hose machen" kein Problem. Okay, ein bisschen breit ist er vielleicht.

Warum also finde ich SUVs doof? Beim Abstecher nach Potsdam wurde es dann offensichtlich. Die Tankanzeige hatte es sich bereits seit längerer Zeit in der Reserve-Position gemütlich gemacht. Also raus an die nächst Zapfsäule und getankt. Und getankt. Und getankt. 85 Liter Diesel, das entspricht einem Spritverbrauch von rund 14 Litern. Für solch' einen dicken Daimler ganz in Ordnung. Dennoch: Ein E-Klasse T-Modell gibt's mit dem gleichen Antriebsstrang, besserem Platzangebot und höherem Fahrkomfort. Der niedrigere Aufbau und der Verzicht auf die schwerwiegende Allradtechnik haben einen deutlich geringeren Verbrauch zur Folge. Somit wäre also erneut bewiesen, dass SUV doch nichts richtig können. Bei all dem, was sie können sollen, hat allerdings die neue M-Klasse ein erstaunlich hohes Niveau erreicht.