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zuendung

1. Mai 2010

Wer hat gerade Coupé gesagt?

Nissan | 0 Kommentare

Coupé. Das ist unter anderem eine Zeitschrift fragwürdigen Niveaus aus unserem nördlichen Nachbarland. Das aus dem französischen abgeleitete Wort beschrieb aber auch eine Fahrzeuggattung, die vor allem an ihrer Zweitürigkeit erkennbar war. Inzwischen wurde der Begriff soweit gebogen, dass diverse Hersteller vier- und fünftürige Modelle darunter subsumieren. Ja, es gibt selbst SUV-Coupés. Das alles kann […]

Coupé. Das ist unter anderem eine Zeitschrift fragwürdigen Niveaus aus unserem nördlichen Nachbarland. Das aus dem französischen abgeleitete Wort beschrieb aber auch eine Fahrzeuggattung, die vor allem an ihrer Zweitürigkeit erkennbar war. Inzwischen wurde der Begriff soweit gebogen, dass diverse Hersteller vier- und fünftürige Modelle darunter subsumieren. Ja, es gibt selbst SUV-Coupés. Das alles kann dem Nissan 370Z völlig Wurscht sein – er ist kein Coupé. Er ist ein Sportwagen. Das macht er schon optisch klar. Sind Coupés doch bestenfalls elegante Erscheinungen, darf ein Sportwagen ruhig auch etwas mit den Formen wuchern, da und dort etwas übertreiben, aggressiv und laut sein sowieso.

Gerade im Fach Übertreibung hat die aktuelle Generation des japanischen Sportwagens so einiges drauf. Im Vergleich mit dem Vorgänger fallen sofort die mächtigen Kotflügel an der Hinterhand auf. Vorne wurde das Maul noch gefrässiger und von zwei an Reisszähne erinnernde Ausbuchtungen flankiert. Seitlich betrachtet fällt die nach hinten leicht abfallende Fensterlinie auf, die eindeutig auf die lange Ahnengalerie verweist. Für mich eine gute Gelegenheit, einen Spezialisten im Umgang mit den Z-Modellen früherer Jahrzehnte aufzusuchen. Claude Petitjean fällt in der schweizer Rennszene seit Jahren mit seinem Datsun 280Z auf. Der Z-Freak ist sogar bereit, für eine kleine Gegenüberstellung das fast 300 PS starke Reihensechserrenntier aus der Garage zu rollen. Doch damit nicht genug, auf der anderen Seite wird der topaktuelle 370Z von einem Datsun 260Z flankiert. Das Auto aus dem Jahr 1978 klingt herrlich und erinnert nicht nur dank goldenen Aufklebern und Heckjalousie an die wilden Siebziger. Wenn man sie so direkt nebeneinander stehen sieht, fällt vor allem das Wachstum in der Breite auf. Natürlich hat sich auch beim Gewicht einiges getan, was zu einem grossen Teil der Sicherheit geschuldet ist. Kommt dazu, dass es vor über 30 Jahren wohl nur ein Bruchteil der heutigen Menge an Vorschriften zu erfüllen galt.

Doch nun zurück zum wilden Siebziger der heutigen Tage, dem 370Z. Tatsächlich ist zum Beispiel der Sound eher weniger wild als beim Vorgänger 350Z. Dafür packt er mit seinen 331 PS natürlich entschlossener zu. Ausserdem ist er auch ein bisschen leichter geworden. Das ist selbstverständlich positiv zu werten. Und es ist klar, dass er mit 1570 kg kein Fliegengewicht à la Lotus Elise darstellt. Dass die allradgetriebene Konkurrenz in Form des Audi TT RS fast 100 kg leichter ist, sollte den japanischen Ingenieuren aber schon zu denken geben.

Doch ein Auto ist selbstverständlich mehr als bloss sie Summe seiner Pfunde. Also rein in die gute Stube und die rechte Hand an den Schalthebel. Unser Testexemplar verzichtet auf den Luxus des neu erhältlichen 7-Gang-Automatikgetriebes. Irgendwie passt die manuelle Gangwahl auch besser zu einem Sportwagen, zu dessen Paradedisziplinen dezentes Auftreten ganz sicher nicht gehört. Die Sitze sind gut konturiert und abgesehen von der Sitzfläche mit Leder bezogen. Die mit der Lenksäule vertikal beweglichen Armaturen sind gut abzulesen. Sportwagentypsich nimmt der Drehzahlmesser die zentrale Position ein. Das sportliche Ambiente wird von drei Zusatzinstrumenten auf der Mittelkonsole komplettiert. Nur etwas mutet seltsam an: Im Drehzahlmesser findet sich eine Ganganzeige.

Ein Sportfahrer wird doch wohl wissen, welchen Gang er gerade eingelegt hat? Möglich, dass Nissan hier einfach die Fähigkeiten des in der Version Pack serienmässigen SynchroRev-Systems demonstrieren will. Dieses ausschaltbare Gimmick lässt selbst Fahrschüler schalten, als wären sie zumindest mit Sebastien Loeb verwandt. Bei jedem Herunterschalten erledigt SynchroRev die Dosierung des Zwischengases. Das funktioniert absolut perfekt. So perfekt, das mancher Doppelkuppler sein jahrelanges Training aussetzen und auf die automatische Version vertrauen wird.

Und wie geht er denn nun? Dazu muss man heute explizit festhalten, dass der 370Z auf bewährte Saugertechnik setzt. In einer Zeit, in der der Turbomotor seinen endgültigen Durchbruch geschafft zu haben scheint, verwirrt das Saugeraggregat. Nicht, weil es an Leistung fehlen würde oder der V6 ständig nach Drehzahlen gierte. Es ist die schlichte, unaufgeregte, fast langweilig lineare Kraftentfaltung des 3,7-Liters, die man so einfach nicht mehr kennt. Deshalb ertappt man sich häufig beim entspannten Cruisen auf der rechten Spur. Weil der Drehmomentbums fehlt, fühlt sich die Beschleunigung nicht so heftig an. Dafür ist der sportliche Japaner umso berechenbarer, was gerade bei Hecktrieblern ein nicht zu unterschätzender Faktor sein kann. Und mit Blick auf den Tacho wird auch jederzeit klar: Er schaut nicht nur schnell aus, er ist es auch. Dabei lässt er sich mit der präzisen Lenkung wunderbar um die Ecken zirkeln. Das gute Kurvenverhalten wird allerdings durch eine relativ harte Abstimmung erkauft. Auf der Schweizer Fahrwerksteststrecke, die auch als Autobahn A1 bekannt ist, schüttelt der Zweiplätzer seine Insassen wesentlich heftiger durch als es sein grösserer Bruder GT-R tut.

Aber der GT-R hat verfügt über ein einstellbares Fahrwerk und kostet nicht zuletzt deshalb einiges mehr. Damit wären wir bei den Kosten. Wie wir das von den Japanern von früher kennen, ist der Nissan 370 ein überaus komplett ausgestattetes Auto. Gerade in der Version Pack kommt zum Basispreis von 59'400 CHF nur noch das gut funktionierende Navigationssystem für 3000 Franken dazu. Wenn man bedenkt, dass ein Audi TT RS bei fast 91'000.- beginnt, muss man den Nissan schon fast als Sonderangebot bezeichnen. Auch sportliche Autos müssen effizient sein, weshalb hier auch der Verbrauch ein Thema ist. Bei einer Fahrt ins Wallis konsumierte der Sportler nur 9,3 Liter, im Alltag dürften es um die 11 sein. Ein akzeptabler Wert für ein Auto dieser Leistungsklasse.