Was haben wir gelacht. Pottwal, Nashorn und andere wenig schmeichelhafte Worte machten die Runde. Die Rede ist vom ersten BMW X6, der als SUV-Coupé Fachpresse und Publikum schockierte. Zu fett, zu hoch, zu unpraktisch und überhaupt, was hatte das mit einem Coupé zu tun? Fast 15 Jahre später wissen wir, zuletzt lachte dann eben BMW. Inzwischen haben diverse Hersteller ähnlich geformte Ableger ihrer SUV ins Programm genommen: Audi Q3 und Q5 Sportbback, Mercedes GLC und GLE Coupé, Porsche Cayenne Coupé, VW Taigo. Ja sogar elektrisch gibt es diese Spezies in Form des Audi e-tron Sportback und des Audi Q4 e-tron Sportback oder auch des Skoda Enyaq Coupé.
Und jetzt also Renault. Die Franzosen präsentieren mit der Arkana ein 4,57 Meter langes SUV-Coupé. Ja, an das Wording haben wir uns inzwischen ebenso gewöhnt, wie an Shooting Brakes mit vier Türen. Die Zeiten ändern sich halt. So ist es dann auch keine Überraschung, dass der Arkana ohne Allrad, dafür mit dem ausgeklügelten Hybridantrieb E-TECH vorfährt. Präsentiert wurde der Renault Arkana in einem auffälligen aber durchaus hübschen Orange, unser Testauto trägt dezenteres Perlweiss.
Die Form kennen wir von der Konkurrenz, zumindest, was die Seitenansicht angeht. Die relativ früh absinkende Dachlinie endet in einem ausgeprägten Bürzelheck, was damals beim X6 noch sehr irritierend wirkte. Vorne zeigt der Arkana das Markengesicht mit nach unten gezogenen LED-Lidstrichen als Tagfahrlicht. Hinten zeigt er uns die modische durchgehende Heckleuchteneinheit, die wir ihn ähnlicher Form von Markengeschwistern kennen. Die Renault-Rhomben haben vorne wie hinten beträchliche Ausmasse angenommen und auch der Modellname versteckt sich nicht, breitet sich im Gegenteil über die Heckklappe aus. Gefällig, selbstbewusst und nicht ohne Eleganz. Vor dem Golfclub, dem Nobelhotel oder im Opéra-Parking in Zürich fällt er jedenfalls weder auf noch ab.
Doch wie bei jedem Auto fragen wir uns natürlich vor allem: Wie fährt er? Tatsächlich sehr unspektakulär. Die komplexe Hybridtechnik sorgt für einen theoretischen Verbrauch von 4,9 Liter auf 100 Kilometer. Da hilft es, einen leichten Gasfuss zu haben. Und genau dazu animiert einen dieses Auto. Die bequemen Sitze, die (zumindest nach vorne) gute Sicht, das gute Platzangebot und auch die simple Bedienung motivieren zum Cruisen und nicht zum Rasen. Entsprechend haben die Franzosen eine auf Komfort ausgerichtete Fahrwerksabstimmung gewählt, die aber relativ schnell an ihre Grenzen kommt und bei kurzen Verwerfungen versagt. Etwas übertrieben haben sie es bei der Lenkung, die eine Gefühllosigkeit an den Tag legt, wie wir sie noch ganz selten erlebt haben. Wenn dann noch der Spurhalteassistent aktiviert ist, könnte einem der Spass am Fahren vergehen. Könnte, denn dieser und somit sein nerviges Eingreifen und noch sein noch nervigeres Gepiepse lassen sich ausschalten. Wenn man sich dann wieder beruhigt hat, fährt es sich ganz entspannt und wie gesagt: unspektakulär.
Eher spektakulär ist die Technik hinter diesem unauffälligen Auftritt. Denn während man einfach nur die Fahrstufe D einlegt, passiert im Getriebe und im restlichen Antriebsstrang eine ganze Menge. An Bord sind neben dem 1,6 Liter Benziner mit 94 PS gleich zwei Elektromotoren mit 36 und 15 kW, wobei der schwächere als Startergenerator arbeitet. Orchestriert wird das Ganze vom Multimodegetriebe, das ohne Kupplung die jeweils effizienteste Antriebsvariante wählt. Der Akku ist im Bereich des Kofferraums verbaut und fasst 1,2 kWh. Klingt nach wenig, ermöglicht aber immer mal wieder völlig emmissionsfreie Fortbewegung. Wer die Batterie während der Fahrt gezielt laden möchte, kann dies über die Bremsfunktion B des Getriebes tun. Ebenso lässt sich für das verbrennerlose Vorwärtskommen die Elektrofunktion EV wählen, wobei deren Reichweite entsprechend der Akkukapazität sehr klein ausfällt. Natürlich summt der Arkana wie die sehr weit verbreitete Zoé, um bei langsamer Fahrt Passantinnen zu warnen.
Die Platzverhältnisse sind konzeptunüblich und somit relativ grosszügig. Vorn sitzt man bequem, wenn auch mit eher wenig Seitenhalt. Hinten gibt es trotz Coupédach ausreichend Kopffreiheit, ohne dass die Rückbank allzu tief montiert wäre. Selbst die Aussicht ist ok, was das Reisen auf der Rückbank durchaus erträglich macht. Eher einschränkend wirkt das Kofferraumvolumen. 510 Liter sind für ein Auto dieser Grösse nicht speziell viel, zumal die Ladehöhe wegen der schräg stehenden Heckscheibe eher bescheiden ausfällt.
Und was halten die eigentlich von der französischen Neuerscheinung? „Ziemlich gross für einen Renault, aber hübsch.“ „So einen Renault würde ich auch fahren.“ „Ist der elektrisch?“ Durchwegs positive und neugierige Reaktionen also und dies, obwohl er als SUV auftritt. So scheint es dann auch, dass neben seinem im Alltag problemlosen Einsatz die Optik das grösste Plus des Arkana bleibt. Wenn man sich den Testwagenpreis von 42’200 Franken anschaut und nur einen winzigen Blick auf die Audi-Website wirft, wo man den Basispreis des Q3 Sportback (48’600) findet, scheint dem Erfolg nichts im Wege zu stehen. Ausser natürlich, man legt grossen Wert auf das Premiumimage. Oder Allradantrieb. Hier gibt es dagegen den schönen Schein und dazu einen Antrieb, der mit einer guten Effizienz punktet. Im eher vorsichtig gefahrenen Test genehmigte sich der E-TECH Hybrid nur gerade 4,8 Liter, womit die Werksangabe tatsächlich unterboten werden konnte.
Somit ist der Renault Arkana E-TECH auch etwas für alle Range-Anxiety-Phobiker, die lieber noch den Zwischenschritt über einen Hybrid gehen möchten. Die Reichweite bewegt sich im Diesel-Bereich ohne dessen Schadstoffausstoss. Seine Ladestationen gibt’s überall, sie nennen sich ganz altmodisch „Tankstellen“. Im Arkana steckt man höchstens ein USB-Kabel ein. Vielleicht, um auf seinem Tablet eine Dokumentation über die Frühzeit der SUV-Coupés zu schauen und dabei herzhaft zu lachen.