Eigentlich sieht man (vorausgesetzt Geburtszeitpunkt 1980er und früher) auf den ersten Blick, dass dies der neue Renault 5 ist. Damit aber auch die Generationen Insta, TikTok, Snapchat und Co. erkennen, wie der neueste Spross heisst, hat man mit Modellschriftzügen nicht gespart. Nein, geradezu verschwenderisch wird damit umgegangen. Die allercoolste 5 ist aber ganz bestimmt die auf der Haube. Sie leuchtet und zeigt beim Annähern den Ladestand in Form von 5 Balken an. Ja, der neue Renault 5 ist elektrisch. Ob er auch elektrisierend ist, klären wir mit unserem Test.

Grün ist die Hoffnung. Passt!
Wir beginnen bei der Farbe. Grün ist heute gar nicht so selten wie man denken würde, so ein richtig leuchtend grünes Grün aber schon. Green Pop nennen es die Franzosen. Ich fühle mich eher an einen Pfeilgiftfrosch erinnert, zumal auch der rote Kontrastreifen am schwarzen Dach wie eine feine giftige Linie wirkt. Eher an Essbares scheinen dagegen die Räder zu erinnern: Ein vorbeigehender Junge meint nämlich, im Felgenspeichendesign mehrere Raclettepfännchen entdeckt zu haben. Es geht weiter mit dem Kindermunde: Wie ein lachendes Gesicht sehe die Front aus, meint ein anderer Junge, der dafür extra von seinem Mountainbike gestiegen ist.

Car Magazine: Automagazine weltweit sind begeistert vom neuen Renault 5
Mir gefällt insbesondere das Heck, wo die weit aussen stehenden Rückleuchten die Brücke zum Original am überzeugendsten schlagen. Dass man auf die beim Vorbild im typischen Stil von Marcello Gandini oben gerade gehaltenen hinteren Radläufe verzichtet hat, mag Fans der Ikone stören. Dafür hat man die Grösse dar 18-Zöller durch kontrastfarbene Ränder zusätzlich betont. Von der Seite werden ausserdem die relativ kurzen Vordertüren ersichtlich. Trotzdem klappt die Illusion des Dreitürers recht überzeugend. Die Griffe der hinteren Türe sind wie inzwischen seit dem Alfa 156 fast schon üblich hinter dem seitlichen Fenster versteckt. Nicht versteckt ist die Ladeklappe am Kotflügel fahrerseitig. Womit wir langsam wieder an der Front wären, wo die Tagfahrsignatur aus in Segmenten gestalteten Quadraten besteht. Und obwohl es so viele Details gibt, wirkt das Design am Ende wie aus einem Guss.

Jeans? Yes, please! So ein Interieur macht Spass.
Das Schöne: Innen geht’s im gleichen Stil weiter. Die Sitze und ein Teil des Armaturenträgers sind mit einem rezyklierten Stoff in Jeansoptik überzogen. Nur der kleine Abfalleimer im Cupholder besteht aus 3D-Druck-Plastikmaterial und wirkt daher nicht sonderlich wertig. Ansonsten ist das Interieur wirklich geglückt. Und nach einem recht klassischen Druck auf den Startknopf kann es dann losgehen. Der Testwagen kommt mit der Spitzenmotorisierung von 150 PS und der grösseren von zwei Batterieoptionen, die es auf 52 kWh bringt. Die kleinere hätte 40 kWh und ist bis zum Erscheinen der Basismotorisierung (95 PS) momentan nur mit 120 PS erhältlich.
Sofort stellt sich auch Reno vor. Ja, der heisst tatsächlich so. Sein Aussehen erinnert an Clippy, die nervige Windows-Büroklammer, die als Assistent nie wirklich eine grosse Hilfe war. Reno dagegen ist deutlich moderner und weiss immerhin, wie hoch der Eiffelturm ist. Mit der Wahrheit nimmt er es aber nicht gerade genau. Als ich ihn frage, ob der Renault 5 im B-Modus bis auf 0 rekuperiere, bestätigt er dies. In der Praxis hat Renault hier leider einmal mehr keinen echten One-Pedal-Mode an Bord. B bedeutet lediglich eine etwas stärkere Rekuperation.

Silhouette: Wer den alten R5 noch auf der Strasse erlebt hat, erkennt ihn auch von der Seite in der Neuauflage
Die 150 PS haben mit den 1525 Kilo relativ leichtes Spiel, beschleunigen den Kleinwagen in knackigen 8 Sekunden auf 100 km/h. Die Lenkung könnte mitteilsamer sein, ist aber praktisch übersetzt. Der Wendekreis liegt bei nur 10,3 Meter, was ihn zusammen mit der Aussenlänge von 3,92 Meter als Stadtflitzer qualifiziert. Als Fünfsitzer zugelassen, finden höchstens vier Erwachsene einigermassen bequem Platz. Der Fussraum hinten ist eher knapp, weshalb im Fond wohl primär Kinder sitzen werden. Ganz hinten gibt’s knappe 300 Liter, was ok ist. Einen Frunk gibt es nicht.
Im Alltag überzeugt mich der 5 mit seinem gut abgestimmten Fahrwerk. Allerdings dürfte ihm Renault durchaus etwas mehr zutrauen. Geht man es nämlich etwas zu schnell an, wird sehr schnell sehr viel Leistung weggeregelt. Vielleicht will man hier auch einfach Platz für die Alpine-Variante lassen. Jedenfalls flitze ich mit dem leise summenden Retro-Franzosen zackig über die Landstrasse. Flüssig fahren geht wunderbar, enge Kehren machen wegen der ESP-Eingriffe etwas weniger Spass. Auf jeden Fall ist die Strassenlage so gut, dass man gerne auch mal nicht die Autobahn nimmt. Dort kommen dann die Assistenten zum Einsatz, die unser Testwagen in Form des nur 850 Franken teuren Pack Advanced Driving Assist an Bord hat. „Nur“, weil es vom adaptiven Tempomaten über den Toten-Winkel-Assistenten auch den Ausstiegsassistenten sowie den Rückfahr-Notbremsassistenten umfasst. Ebenfalls dabei sind die Parksensoren und das automatisierte Parken.

Batterie: Die Streifen der 5 zeigen den aktuellen Ladestand
Auf der Autobahn gibt es genügend Gelegenheiten, die Assistenzsysteme zu testen. An der linken Lenkradspeiche findet man die Tasten dazu. Der Abstandstempomat kennt verschiedene Modi, wobei der höchste das Bestätigen der vom System gelesenen Tempolimits ermöglicht. Tatsächlich gewöhne ich mich schnell daran, drücke kurz nach dem „Bing“ (für Tempolimitänderung) auf den entsprechenden Knopf und schon springt der R5 auf die passende Geschwindigkeit. Elegant und simpel umgesetzt. Damit verbunden ist die Spurhalteassistenz, die ihre Sache im Test gut gemacht hat. Bei Spurwechseln ist sie ausgeschaltet, sobald man blinkt.
Bis die Anzeige zum Umschalten auf den Eco-Modus blinkt, dauert es etwas länger. Erst bei 50 Kilometer Restreichweite wird man zum Umschalten in den Sparmodus aufgefordert. Der Verbrauch hat sich im Test mit 18,5 kWh in Grenzen gehalten. Die Reichweite beträgt in der Praxis an die 300 Kilometer. Da ich immer in „Sport“ unterwegs war, könnte noch der eine oder andere Kilometer mehr drin sein. Alles drin, was man so braucht, ist auch im Multimediasystem. Klar verbindet sich kabellos mit Apple- und Android-Geräten, um deren System zu spiegeln. Doch auch das integrierte Navi, das mit Google Maps arbeitet, kann überzeugen. Das HarmanKardon-Soundsystem sorgt für guten Ton. Und es findet sich sogar ein Subwoofer unter dem Kofferraumboden.

Kompakt: Neben dem BYD Sealion wirkt der Renault 5 fast schon klein
Die Sympathie für den kleinen grünen Franzosen geht so weit, dass ich bei zwei Gelegenheiten in der Stadt Luzern Passanten neben dem parkierten Auto vorfand. Während ein älterer Herr vor allem ein Kompliment loswerden wollte, war bei der adretten fotografierenden Dame echtes Interesse am Elektroauto vorhanden. Auf ihre spontane Anfrage, ob sie ein paar Meter mitfahren dürfe, konnte ich nur mit Zustimmung reagieren. Für einen möglichen Spontankauf fehlte ihr dann der nicht erhältliche Allradantrieb. Den hat allerdings auch Konkurrent Mini nicht. Dazu gibt es den Testwagen mit 150 PS und allen wichtigen Goodies für knapp unter 35’000 Franken. Der Engländer (der in der Elektroversion aus China kommt) hat 184 PS und 40 kWh, kostet bei praktisch identischer Ausstattung aber schon über 40’000 Franken. Dazu hat er zwei Türen weniger und bietet auch sonst eher weniger Platz. Die Argumente für Mini-Verkäufer werden also definitiv weniger.

Gelungen: Auch das Heck zitiert die Historie ohne zu kopieren
Und überall wo ich parke, ernte ich mit dem Renault 5 nur erfreute Blicke. Das geht übrigens wirklich gut, auch wenn eine 360°-Kameraansicht fehlt und der Wagen mit 1,8 Meter eher breit ausfällt. Sein freundliches Wesen und die knalligen Farben erfreuen auch den Fahrer. In so ein Auto steigt man einfach gerne ein. Die vielen Eastereggs steigern das Erlebnis weiter. Hier ein französischer Gockel, dort eine 5 oder ein Firmen-Rhombus. Am besten gefällt mir neben dem Ladelicht aussen die Gummimatte für das induktive Handyladen. Dort sind nämlich die Silhouetten des neuen und des historischen Renault 5 eingearbeitet. Wer noch etwas mehr möchte, für den hält Renault allen Ernstes einen Baguettehalter in Korbform bereit.

Cool: Diesen Renault 5 muss man einfach mögen, oder?
Der Renault 5 wird ein Vollerfolg, das ist jetzt schon klar. Zum ersten Mal gibt es einen elektrischen Kleinwagen, den man tatsächlich auch fahren, ansehen und ja: haben will. Toll wäre, wenn sich einige Mutige fänden, die sich tatsächlich den Pfeilgiftfrosch (Green Pop) oder die Hummel (Yellow Pop) in die Garage stellen. Denn auch in Weiss, Schwarz und Dunkelblau gefällt er, so richtig begeistern tut er aber vor allem als farbiges französisches Designerstück mit viel Praxisnutzen.