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zuendung

23. Februar 2012

Dino im Schneegestöber

Jeep | 0 Kommentare

Vor einem Jahr fuhr ich mit dem Jeep Grand Cherokee von Miami nach New York. Wirklich Offroad ging's dabei natürlich nie. Aber der grosse Geländewagen zeigte sich als vorzügliches Reisefahrzeug für die USA. Nun habe ich das Vergnügen, den Grand Cherokee in der eisigen schweizer Kälte zu testen. Da passt es bestens, dass der Test-Jeep […]

Vor einem Jahr fuhr ich mit dem Jeep Grand Cherokee von Miami nach New York. Wirklich Offroad ging's dabei natürlich nie. Aber der grosse Geländewagen zeigte sich als vorzügliches Reisefahrzeug für die USA. Nun habe ich das Vergnügen, den Grand Cherokee in der eisigen schweizer Kälte zu testen. Da passt es bestens, dass der Test-Jeep mit einer Vollausstattung kommt, die nicht zuletzt mit Sitzheizung auf vier von fünf Plätzen verwöhnt.

Trotzdem trete ich kurz vor die Tür und schaue mir den US-Brocken mal etwas genauer an. Vorne sind die Rundscheinwerfer zugunsten von eleganten rechteckig geformten Leuchteinheiten verschwunden. Im winterlichen Weiss fällt seine an sich schlichte dunkle Lackierung auf. Seitlich verleihen ihm die grossen trapezförmigen Radausschnitte den erwünschten rauen Charakter. Und hinten wirkt er eher dezent, fast wie ein hochgelegter Kombi. Alles in allem ein sehr attraktives Auto, das designmässig im Jetzt angekommen ist, ohne dabei seine Ursprünge zu verleugnen. Stolz steht der Jeep-Grill im Wind, so dass er jederzeit erkennbar bleibt.


Typisch: Der Grill steht in der Tradition des Hauses.

Mit dezentem Auftretten ist es spätestens dann vorbei, wenn das Pedal Richtung Bodenblech wandert. Die Passanten werden dabei akustisch noch deutlich mehr verwöhnt als die Insassen. Der V8 klingt tief und sonor, wie man es hierzulande nur noch sehr selten zu hören kriegt. Zu den 352 PS passt die laute Stimme natürlich. Zu den 14,1 Liter Durchschnittsverbrauch nach Werk sowieso. Spätestens beim Lesen dieser Zahl wird klar: Ich teste einen Dinosaurier. Die 327 Gramm Kohlendioxid, die pro Kilometer ausgestossen werden, passen einfach nicht mehr in unsere Zeit. Dennoch wird dieses Auto gebaut und gekauft.


Wellness: Dem Overland-Fahrer mangelt es an nichts.

Was erhält ein Käufer dieses Dinos denn genau? Zum Beispiel den ersten Gand Cherokee mit Einzelradaufhängung. In der gefahrenen Hemi-Version sogar mit Luftfederung. Ausserdem erhält er natürlich einen grossen Wagen, der mit 780 Liter Kofferraumvolumen aufwartet. Längenmässig hält er sich mit 4,82 im Rahmen. Die Breite von 194 Zentimeter ist dagegen bei Parkieren öfters mal ein Hindernis. Immerhin kommt man mit einer Höhe von 1,77 in die meisten Parkhäuser rein. Dazu hilft eine Rückfahrkamera und eine (eher nicht so präzise) Armada an Parkpiepsern.


Geländewagen: Der Jeep versucht gar nicht erst, sportlich im Sinne eines SUV zu wirken.

Doch das Fahrerlebnis mit einem solchen Geländewagen hört natürlich nicht beim Erklimmen der Rampe in die 5. Parkebene auf. Auch in diesen verschneiten Zeiten lässt sich so ein Allradler ausprobieren. Oder besser gesagt: Gerade in diesen Zeiten. Und tatsächlich wühlt sich der Grand Cherokee problemlos eine Naturstrasse hoch, die mit 20 cm Schnee bedeckt ist. Dazu hat er noch einige Offroad-Gimmicks an Bord. Die Hill Descent Control hält bei steilen Abfahrten das Tempo ohne Bremseingriff des Fahrers konstant. Die Quadra-Lift-Luftfederung ermöglicht je nach Untergrund angepasste Fahrhöhen. Das Selec-Terrain-System schliesslich lässt den Fahrer an einem Drehrad die Art des Terrains wählen und liefert entsprechende Abstimmung von ESP und Sperrdifferenzial. Wie er bei einem kurzen Abstecher Offroad bestätigt, wird der Geländewagen seiner Bezeichnung gerecht.


Schlicht: Abgesehen vom grosszügigen Chromband fällt der Grand Cherokee von hinten nicht gross auf.

Doch wie oft wird ein durchschnittlicher Jeep Grand Cherokee die geteerte Strasse verlassen? Gerade deshalb hätte ich noch ein paar Assistenzsysteme mehr erwartet, die den Fahrer im Autobahndschungel unterstützen könnten. So sucht man zum Beispiel einen Tempomaten mit Abstandsradar vergeblich auf der Aufpreisliste. Auch eine Spurwechselwarnung gibt es nicht. Moderne Lichttechnik mit Kurvenlicht und automatischem Volllicht? Fehlanzeige. In diesem Bereich dürfte man durchaus noch nachlegen. In Sachen Unterhaltungselektronik und allerlei Elektromotoren (z.B. für die Heckklappe) ist man dagegen gleichauf mit der Konkurrenz.


Geländegängig: Wo andere längst stecken blieben, fängt im Jeep der Spass an.

Einen klaren Vorteil gegenüber den Mitbewerbern dürften die 10 Jahre Gratisservice (oder 100'000 km) sein, die jeder Käufer geniesst. Der von uns gemessene Verbrauch von 16 Liter wird dadurch zumindest finanziell etwas erträglicher. Im Alltag ist der Grand Cherokee abgesehen von seinen Ausmassen ein sehr angenehmer Begleiter. Er hat Platz für alles und transportiert auch Passagiere komfortabel über weitere Strecken. Der Testwagen war mit 92'170.- Franken nur um die Position der Metallic-Lackierung teurer als die sehr gut ausgestattete Overland-Version. Der V8 Hemi ist ausschliesslich in dieser Ausstattung zu haben. Dieses Verwöhnaroma, die ausgesprochen attraktive Form und eine gehäufte Portion US-Feeling machen den Jeep Grand Cherokee Overland 5,7 Hemi zu einem durchaus begehrenswerten Allradler. Den Traum von der grossen Tour durch das Land der unbegrenzten Möglichkeiten gibt's da noch gratis obendrauf.