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zuendung

15. Juni 2013

Gealtert oder gereift?

Abarth | 0 Kommentare

Mehr als 40'000 Franken. So viel kostete unser Testwagen des Abarth Grande Punto esseesse vor fast 5 Jahren. Inzwischen heisst das Auto nur noch Abarth Punto Supersport und kostet im Falle unseres Testwagens mehr als zehn violette Scheine weniger. 180 PS für 29'800 Franken? Das klingt doch nach einem fairen Angebot. Was verbirgt sich hinter […]

Mehr als 40'000 Franken. So viel kostete unser Testwagen des Abarth Grande Punto esseesse vor fast 5 Jahren. Inzwischen heisst das Auto nur noch Abarth Punto Supersport und kostet im Falle unseres Testwagens mehr als zehn violette Scheine weniger. 180 PS für 29'800 Franken? Das klingt doch nach einem fairen Angebot. Was verbirgt sich hinter dem in die Jahre gekommenen Abarth?

Zunächst gilt es, die oft zitierte Froschposition auf den ansonsten bequemen Sitzen einzunehmen. Einen Startknopf sucht man im Supersport vergebens. Hier wird noch ganz klassisch per Schlüsseldreh gestartet. In einer immer digitaler werdenden Welt irgendwie sympathisch. Dass der Schlüssel noch immer zur Öffnung der Tankklappe nötig ist, ist der Nostalgie dann aber doch zu viel. In solchen Momenten wird auch den italophilsten Fans bewusst, dass sie ein Auto fahren, das seit mittlerweile 8 Jahren gebaut wird. Abarth hat das Tankdeckelproblem entdeckt und bietet einen sehr hübschen Retroaludeckel als Zubehör an.

Man nimmt zur Kenntnis, dass es keinerlei Assistenten gibt. Nicht mal Rückfahrsensoren stehen auf der Aufpreisliste. Ein Tempomat wäre das höchste der Gefühle. Beim Testwagen ist er aber nicht verbaut. Auch der Mangel an wirklich brauchbaren Becherhaltern zeigt das Alter der Konstruktion schonungslos auf. Aber seien wir ehrlich: Wer dieses Auto zum Kaffetrinken nutzen will, hat sowieso gar nichts verstanden.

Immerhin steht der graue Punkt auf Rädern deren Speichen das Skorpionlogo interpretieren. So richtig zustechen will er mit seinem 1,4 Liter, der im Gegensatz zur früher getesteten Variante nach dem moderneren MultiAir-System funktioniert. Es arbeitet auf der Einlassseite ohne Nockenwelle und ermöglicht eine variable Ventilsteuerung. Durch diesen Trick und ein heute fast schon unverzichtbares Start-Stopp-System, will man auch den Durst des Sportlers ein wenig in den Griff kriegen. Ob der Labortwert von 6,1 Liter aber erreicht werden kann, sollen einige Testkilometer zeigen.

Optisch unterstreicht der Punto seinen sportlichen Anspruch mit einem auffälligen, mattschwarz gehaltenen Dekor. Dazu gibt es vorne einen gefrässigen Schlund, der von angedeuteten Lufteinlässen zur Bremskühlung flankiert wird. Hinten sitzt der Doppelauspuff in einem Diffusor, dem ebenfalls zwei kleine Öffnungen zur Seite stehen. Ein Auftritt, der zum landläufigen Punto-Image passt. Anders als der 500, der gemeinhin als nette Knutschkugel gilt, wird er eher als Flegeljahre-Taxi verstanden. Wie man bei ausgedehnten Fahrten ins Welschland merkt, eher zu Unrecht.

Das Fahrwerk passt schon eher zur Beschreibung eines Westentaschen-GT. Wäre nicht der allzeit präsente Dröhnklang in den Ohren, man könnte von einem richtig angenehmen Reisebegleiter sprechen. Anfänglich mag der tiefe Sound noch begeistern. Nach ein paar Hundert Autobahnkilometern nervt er dann nur noch. Tatsächlich ist er im Innenraum sogar besser wahrzunehmen als aussen. Auch sind höhere Tourenzahlen angenehmer als tiefere, weshalb man sich ab und zu beim akustisch verursachten Runterschalten ertappt. Besser gepasst hat die Lenkung, die bei Langsamfahrt sehr viel Unterstützung zum angenehmen Rangieren bereitstellt.

Mit einem Druck auf die Sporttaste verändert man das Ansprechverhalten des Motors von "lethargisch" zu "passend", weshalb beim Test nur selten der Normalmodus aktiviert war. Es mag auch darauf zurückzuführen sein, dass der Abarth Punto Supersport nicht eben sparsam war. 8,2 Liter rauschten pro 100 Kilometer durch die Einspritzdüsen. Zuviel für den hübschen Dreitürer, der dafür immerhin anständig vorwärts geht. In Kurven gutmütig untersteuernd, rettet zur Not ein fein regelndes ESP. Abschalten lässt es sich nicht. Im Vergleich zum Vorgänger esseesse scheint das Getriebe verbessert. Die Schaltwege sind vertretbar kurz, die Anschlüsse passen und kratzen tut auch nichts.

Vor 5 Jahren konnte der Abarth mit vielen Logos und reichlich Italianità punkten, ja fast ein bisschen begeistern. Für ein zwar gereiftes, aber auch spürbar gealtertes Fahrzeugkonzept, ist das leider nicht mehr genug. Der Abarth Punto Supersport kann den günstigen Preis ins Feld führen. Zudem passt das Styling gut zum Anspruch eines "Supersport". Abgesehen von der Soundkulisse lässt sich im Vierplätzer bequem reisen. So sehr man sich mehr Abarth-Modelle wünscht, manche träumen von kleinen Mittelmotorsportlern oder Spidervarianten, die Zeit dieses Punto ist langsam abgelaufen.