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zuendung

28. März 2010

Strom ist genug da.

Kia | 0 Kommentare

Gleich zwei 12 Volt-Steckdosen verlocken unter dem Armaturenbrett, ein tragbares Navi und das Handyladekabel einzustecken. Das Handy lädt zwar auch über die USB-Dose zwischen den Stromspendern. Bliebe also ein Steckplatz für weitere Geräte. Nur, für welche denn? Mir, dem antiquierten Fahrer (teils auch antiquierter) europäischer Wagen will kein weiteres Bedürfnis einfallen, wofür die vielen Anschlüsse […]

Gleich zwei 12 Volt-Steckdosen verlocken unter dem Armaturenbrett, ein tragbares Navi und das Handyladekabel einzustecken. Das Handy lädt zwar auch über die USB-Dose zwischen den Stromspendern. Bliebe also ein Steckplatz für weitere Geräte. Nur, für welche denn? Mir, dem antiquierten Fahrer (teils auch antiquierter) europäischer Wagen will kein weiteres Bedürfnis einfallen, wofür die vielen Anschlüsse vorgesehen sind. Vielleicht ein mobiler Lockenwickler? Ein elektrischer Wackeldackel?


Neuer Grill: Nach drei Produktionsjahren erhielten Design und Technik fürs aktuelle Modelljahr einen Feinschliff.

Seit 1988 erst verfügt Südkorea über eine Pensionskasse. Bereits leben jedoch 80% der Bevölkerung in Städten. In der Hauptstadt Seoul stehlen riesige Glastürme historischen Tempeln die Schau und Profigamer gelten als Traumschwiegersöhne. Hyundai, Samsung, Daewoo oder LG bauen Schiffe, Flachbildschirme, Handys und Fahrzeuge wie in keinem anderen Land. Bei dem ultramodernen, pragmatisch nach vorn strebenden Land liegt die Vermutung nahe, dass die einheimischen Kunden durchaus ein Bedürfnis für mehrere Steckdosen aufbringen. Zwei oder mehr Handys pro Einwohner gehören durchaus zum südkoreanischen Alltag. Mir jedenfalls gefällt die grosse Dosenwahl. Mein iPhone versteht sich nach wenigen logischen Knopfdrücken perfekt mit dem Koreaner. Musik per USB-Kabel, frei Telefonieren per Bluetoothübertragung und – mir ist doch noch was eingefallen – per Spannungswandler 12/220 Volt saugt mein Laptop sich den Akku voll.


Wie der Blitz: Strom aus zwei Dosen, Elektronik in USB-Form.

„Pragmatisch“ scheint im Pflichtenheft des C’eed bzw. des baugleichen Hyundai i30 ganz oben gestanden zu sein. Deutsch-Gewöhnte finden im kleinen Kombi Knöpfe und Schalter an den üblichen Orten vor und die Armlehne in der Fahrertür könnte direkt vom Golf umgeschraubt worden sein. Das Streben nach deutscher Solidität erstaunt nicht: Kia baute einst den Peugeot 604 und den Fiat 132 in Lizenz, in den 1980er Jahren dann zusammen mit Ford und Mazda den Kia Pride – Europäern dürfte Kia erstmals 1995 aufgefallen sein, als bis 1998 der Sportage bei Karmann in Osnabrück vom Band lief. 1998, nach der asiatischen Finanzkrise fand der angeschlagene Autobauer Kia beim Riesenkonzern Hyundai Anschluss. Die Europazentrale befindet sich nun in Frankfurt, gefertigt wird der C’eed und sein Schwestermodell Hyundai i30 in der Slowakei. Man spricht also europäisch – und das Euro-Pflichtenheft wird von Deutschen geschrieben. Und genau, der Chefdesigner heisst Peter Schreyer.


Deutschland in Sichtweite: Die Gestaltung ist alles andere als grau, in Sachen Qualität verhehlen die Koreaner ihr Vorbild jedoch nicht.

Am „Klonkgeräusch“ beim Türschliessen müssen die Ingenieure noch etwas feilen, der Vorgang erinnert beim C’eed eher an leichtes asiatisches Blech denn an eine germanische Burg. Sieben (7!) Jahre oder 150'000 Kilometer Garantie sprechen jedoch für sich (VW begnügt sich mit zwei Jahren als Standard). Da darf man getrost erwarten, dass einen nicht schon nach den ersten Kilometern Klappergeräusche, teure Mechanikschäden oder Roststellen plagen. Der Wagen ist erstklassig verarbeitet. Piechs Benchmark, die Spaltbreite zwischen Tür- und Carrosserieteilen, beeindruckt selbst eingefleischte Fahrer teurer Deutsch-Modelle. Im Rahmen des zündung.ch-Fahrtests überzeugten wir einige Fahrer anderer Automarken, sich den Kia auf ein paar Kilometern „reinzuziehen“. Der Fahrer englischer Nobelkarossen beklagte zwar die harten Sitze, liebte aber, wie präzise sich die Schalter bedienen lassen. Die Fahrerin, die kein Auto besitzt, jedoch meistens einen Passat bewegt, lobte wie mühelos sich Gänge einlegen lassen und wie praktisch und leichtgängig das Fahrzeug daherkommt. Und die Golf-Fahrerin fühlte sich im C’eed auf Anhieb zu Hause.


Kompakter Kombi: Im Alltag ist der Kia praktisch wie ein Turnschuh.

In der von uns getesteten Ausführung „Trend“ ist ein Lederlenkrad dabei, das sich sehr angenehm anfassen lässt. Allgemein sind die Materialien und die „mechanischen Vorgänge“ hochwertig gewählt und ansprechend gestaltet. Das Lederlenkrad liegt gut in den Händen. Minuspunkte tankt der Kia beim Leerlauf des Motors: Stellt die Start-/Stopautomatik den Motor nicht gerade ab, schüttelt der Vierzylinder als ob er gleich absterben würde. Vielleicht kann die Leerlaufdrehzahl ein wenig angehoben werden? Zu hohe Drehzahlen verbucht der 5-Gänger auf der Autobahn. Mit 3500 Umdrehungen bei 120km/h ist der 1600er eindeutig zu kurz übersetzt, der Motor brummt dann unangenehm. Entsprechend spritzig dafür zieht der 125-Pferder durch und entfaltet im oberen Bereich ordentlich Biss. Wie auch beim von uns getesteten i30 Hatchback (kompakter Fünftürer) stünden dem C’eed sechs Gänge gut an. Wie man bei Hyundyi/Kia auf den Zusatz „Sporty Wagon“ für Kombi kam, wissen wir nicht. Das zusätzliche Koffervolumen (Total 534 Liter, umgeklappte Sitze: 1664) ist im Vergleich zum Hatchback jedoch ansehnlich und lässt sich dank der tiefen Ladekante angenehm beladen.


5-Sterne Lader: Sicherheit gibt es auch in der Sparversion. 5-NCAP-Sterne sind dabei – und praktische Details wie das Gepäcknetz im Kofferraum.

Für gut 27000 Franken gehört einem der praktische Fünftürer ganz allein. Die Zwillinge C’eed/i30 gibt es seit 2007 bereits in 3’500-facher Ausführung in der Schweiz, für 2010 hat man sie technisch und optisch stark überarbeitet – unter anderem erkennbar am fliegenähnlichen Kühlergrill. Mit dabei alles Nötige wie Klima, Bluetooth, Startstop, Tempomat usw. Natürlich auch die wohl längste Garantiezeit, die ein Autohersteller jemals serienmässig gewährt hat: Sieben Jahre – das nimmt ein Erstbesitzer selten je in Anspruch. Kia bietet die lange Garantiezeit ab diesem Jahr für alle Modelle an. Eine starke Ansage, besonders im Kompakt-Segment. Ein rundum sorglos-Konzept also. Wer sich an der kurzen Übersetzung stört, sollte auf den sechsgängigen 1.6 Liter Dieselmotor setzen. Und wer es etwas sportlicher mag und Platz keine Rolle spielt, der ist mit dem attraktiv gestalteten pro C’eed Coupé und Zweilitermotor angemessen unterwegs.

Danke an Kia Schweiz für den Testwagen.