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zuendung

17. Januar 2011

Wie die Zeit vergeht

BMW | 0 Kommentare

Früher war alles einfacher. Und früher ist gar noch nicht so lange her. Als die SUV in Europa so richtig durchstarteten, konnte man sie pauschal verurteilen. Sie waren gross und schwer, boten kaum mehr Platz als andere Autos, und sie wurden zudem als gefährlich eingestuft. Dazu kam der bei gewissen Modellen ein fast schon absurder […]

Früher war alles einfacher. Und früher ist gar noch nicht so lange her. Als die SUV in Europa so richtig durchstarteten, konnte man sie pauschal verurteilen. Sie waren gross und schwer, boten kaum mehr Platz als andere Autos, und sie wurden zudem als gefährlich eingestuft. Dazu kam der bei gewissen Modellen ein fast schon absurder Benzinverbrauch. Man wähnte sich an noch früher erinnert, nämlich an die Zeit der Schluckspechte aus den USA, die Epoche der Muscle Cars. Doch dieses Mal ging es nicht um Leistung oder eine spektakuläre Form, um auf den Flaniermeilen dieser Welt zu imponieren. Nein, es war vor allem die erhabende Sitzposition über dem Restverkehr, den die Käufer schätzten. Ausserdem gaukelte ihnen das Gewicht der Sports Utility Vehicles auch eine bessere Sicherheit vor.

Inzwischen ist das mit der Pauschalverurteilung schwieriger geworden. Autos wie der BMW X3 xDrive20d sind ganz bestimmt nicht mehr die Inkarnation des Bösen. Diverse Vorschriften im Bereich der (Fussgänger-)Sicherheit und der Ökologie haben zu einer Normalisierung des Verhältnisses der Öffentlichkeit mit dieser Autogattung geführt. Der Testwagen kommt mit einer Verwöhnausstattung, die auch noch den letzten dunkelgrünen Zweifler in Argumentationsnotstand versetzt. So angenehm kann sich das Böse doch nicht anfühlen.


Testalltag: Ja, auch im Winter muss eine Hill Descent Control geprüft werden…

Dunkelblau kommt er daher, innen mit schön genarbtem hellem Leder und erstaunlich geschmackvollem Holzdekor. Wer andere aktuelle BMW kennt, findet sich auch im neuen X3 spielend zurecht. Die minimierte Knopfzahl macht sich auch hier wohltuend bemerkbar. Das iDrive-Bedienungssystem macht den Umgang mit der Funktionsfülle überhaupt erst möglich. Eine bayrische Eigenheit zeigt sich beim Start auf Knopfdruck: Der Schlüssel darf dazu in der Jackentasche bleiben, zum Abschliessen muss man ihn dann aber doch rausklauben. Der sogenannte Komfortzugang kostet dann doch nochmals 700 Franken Aufpreis. Doch wer ein solches Gefährt sein Eigen nennt, darf ohnehin kein Rappenspalter sein, also drücke ich den Knopf und bin erstmal enttäuscht.


Geschmackvoll: Für einmal passt eine helle Lederausstattung mit dunklem Holz perfekt in ein Auto.

Der Zweiliter Diesel lässt nicht den Hauch eines Zweifels über sein Arbeitsprinzip aufkommen. Ein Geräusch, das nicht gerade zum noblen Ambiente passt; man könnte dem Nagler immerhin eine gewisse Ehrlichkeit attestieren. Und ehrlich währt bekanntlich am längsten. Glaubt man dem Prospekt, währt die Freude am Fahren tatsächlich lange: über 1000 Kilometer ohne Tankstopp nämlich. Dafür wäre bei einem Tankinhalt von 67 Liter ein Verbrauch um die 6,5 Liter nötig. Mal sehen, ob der Kraxel-Bayer derartige Zurückhaltung an den Tag legen wird.


Familienbande: Gerade leicht macht uns BMW die Unterscheidung der X-Geschwister nicht.

Immerhin wird der Fahrer vom optionalen Automatik-Getriebe 8-Gang-Automatikgetriebe zur Zurückhaltung erzogen. Es ist so ausgelegt, dass in mir zunächst die Frage aufkeimt, wo denn die immerhin 184 PS abgeblieben sind. Erst nach einem energischen Tritt meinerseits erwacht der Sportsgeist in diesem Sports Acitivity Vehicle, wie BMW die Mitglieder seiner X-Familie gerne bezeichnet. Besonders aktiv muss ich als Fahrer derweil nicht sein. Obschon die derzeit wohl beste Wandlerautomatik eine fast schon lethargische Fortbewegungsart diktiert, passen die Schaltwechsel auch bei forcierter Fahrweise. Dazu passt eine Lenkung, die Befehle fast schon sportwagengenau umzusetzen weiss. In Sachen Fahrwerksabstimmung hat man sich dagegen einen ordentlichen Schritt in Richtung Komfort bewegt. Das ist gut so, denn im alten X3 war mir die Abstimmung entschieden zu hart. Auch jetzt ist es für Mitfahrer nicht eine der angenehmsten mobilen Unterkünfte, denn eine gewisse Härte bei kurzen Wellen ist noch immer spürbar. Immerhin müssen sich die drei Fondpassagiere nicht mit der unsäglichen Sitzhöhenverstellung herumschlagen.


Tiefseeblau: Gut hinschauen, denn die meisten X3 werden wieder in Graustufen geordert werden.

Die manuelle Sitzhöhenverstellung bei BMW wäre schon fast einen eigenen Bericht wert, so mühsam und unkomfortabel ist sie. Um den Sitz nach oben zu hieven, muss man das Gesäss abheben und gleichzeitig einen Hebel ziehen. Da drängt sich die Frage auf, wie gross der Prozentsatz der Käufer ist, der diese Turnübung noch ohne jegliche Hilfe vollziehen kann. Deshalb sei hier allen Interessenten wärmstens empfohlen, die elektrische Verstellung des Gestühls zu ordern. Unbedingt mitbestellen sollte man auch die Parkdistanzkontrolle, am besten gleich mit der Rückfahrkamera. Wer in der Preisliste munter ankreuzt, wird den Grundpreis von 59'400 Franken ziemlich schnell vergessen müssen. Beim Testwagen führte das zu einem Gesamtpreis von 86'840 Franken. Ziemlich viel Geld für einen Zweiliter Diesel.


Brave new world: Anstatt mit Kraft zu protzen, zeigt die blaue digitale Anzeige, wann Saft zurück ins System fliesst.

Doch das aktuelle Credo von BMW ist bekanntlich "Efficient Dynamics". Dass der X3 auch mit dieser Motorisierung dynamisch sein kann, hat er mir auf jeden Fall bewiesen. Wie sieht es mit der Effizienz aus? Mein Durchschnittsverbrauch (meist bei Minusgraden) lag bei 7,4 Liter und damit 1,8 Liter über der Werksangabe. Trotzdem würde ich den Durst für einen 1,9-Tonnen Brocken mit nicht gerade idealer Aerodynamik und reichlich Komfortfeatures im Innern als sehr anständig bezeichnen. Vielleicht hat die Start-/Stopp-Automatik auch ihren Teil dazu beigetragen. Kombiniert mit einem Automatikgetriebe ist der Effekt an der Ampel noch eindrücklicher. Und einmal mehr muss ich anerkennen, dass sich seit "früher" nun wirklich einiges geändert hat.