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zuendung

14. Dezember 2005

Das Winterauto

Subaru | 0 Kommentare

Goldene Felgen, Bügelbrettheckspoiler und zerfurchte Frontansicht haben Subarus Ruf vom reinen Bauernnutztier auf vier Rädern zur Proletenrakete verkommen lassen. Doch der japanische Vierradspezialist aus dem Fuji Heavy Industries Konzern (FHI) kann weit mehr als nur laut, schnell und verspoilert. Bis anhin mussten die Japaner ja auch deshalb schnell sein, weil sie optisch ziemlich furchtbare Autos […]

Goldene Felgen, Bügelbrettheckspoiler und zerfurchte Frontansicht haben Subarus Ruf vom reinen Bauernnutztier auf vier Rädern zur Proletenrakete verkommen lassen. Doch der japanische Vierradspezialist aus dem Fuji Heavy Industries Konzern (FHI) kann weit mehr als nur laut, schnell und verspoilert. Bis anhin mussten die Japaner ja auch deshalb schnell sein, weil sie optisch ziemlich furchtbare Autos produzierten. Inzwischen bauen die auch wirklich schmucke Kombis, was auch der Ankunft des Designpropheten Andreas Zapatinas angerechnet werden darf. Der Grieche hat früher für Fiats Centro Stile gearbeitet und dort mit Chris Bangle das charakteristische Coupé Fiat entworfen. Gepfeilte Sicken und Abrisskanten sucht man am aktuellen Legacy aber ebenso vergeblich, wie die italienische Verarbeitungsqualität gepaart mit papierdünnem Blech. Der Legacy wirkt vielmehr wie eine deutsche Limousine, den Kombi möchten die Germanen wohl am liebsten als Avant bezeichnen. Obwohl: Betrachtet man die Vorgängermodelle, ist durchaus eine stringente Designlinie zu verfolgen, deren logische Folge der neue, elegante Legacy Kombi ist. Unser Testexemplar wartete zum Fototermin zusätzlich mit krassen 19"-Alufelgen (!!) auf. Verdunkelte hintere Scheiben bringen zusätzliche Punkte auf der Pimp-Skala. Der Gittergrill stammt ebenfalls aus dem Subaru-Werkszubehör.

Schade, dass es nicht für handschmeichlerische und sicherheitstechnisch bessere Bügeltürgriffe gereicht hat. Die Pforten sind aber trotzdem ein Highlight: Wie bei einem Coupé verwendet man hier rahmenlose Scheiben. Beim Schliessen adelt sich der Subaru endgültig: Satter fällt keine Auditür ins Schloss. Bequeme Ledersessel empfangen Fahrer und Passagiere des Sushitransporters. Aufgrund der launischen Klimaautomatik empfiehlt es sich allerdings, nur gekochten Fisch mitzuführen. Dafür ist elektronische Temperaturregulierung ebenso serienmässig an Bord, wie das Soundsystem mit ins Armaturenbrett verbautem 6-CD-Wechsler. Dass die Sitze vorne elektrisch verstellbar und heizbar sind gehört sowieso zum guten japanischen Premiumton. Ebenso zum serienmässigen Lieferumfang gehört ein riesiges Glasschiebedach, das sogar auf den Rücksitzen für ein bisschen Cabriofeeling sorgt. Dort gibt es auf allen Plätzen Dreipunktegurte, wobei jene für den mittleren Sitz im hinteren Dachbereich versteckt bleibt, wenn sie nicht benutzt wird. Dieser Kniff erlaubt einfaches Umlegen der Rückbank ganz ohne lästiges Gefummel mit dem Mittelgurt. Clever, diese Japaner.

Der 6-Zylinder Boxer nimmt ganz ohne Vibrationen seinen Dienst auf. Den Wählhebel der Automatik mit SpeedShift in Drive-Position gezogen und los geht's. SpeedShift ist dabei aber wirklich überhaupt nicht wörtlich zu nehmen. Gaaanz vorsichtig wechselt die Automatik die Fünf Gänge. Sportlich ist das nicht, dafür ungemein komfortabel. Dass auch in der Sporteinstellung und beim manuellen Eingreifen keine zackigeren Schaltvorgänge möglich sind, muss sich der Legacy allerdings ankreiden lassen. Ansonsten fährt er sich sehr unauffällig japanisch. Nichts poltert, nichts knistert, auch auf kurzen Unebenheiten federt der Kombi passabel. Gegen die relativ starke Seitenneigung in schnell gefahrenen Kurven hilft das Sportfahrwerk des Spec-B Modells, dass bei Subaru den sportlichen Höhepunkt in der Legacy-Palette darstellt. Der "normale" 3.0 ist eben kein Sportler, sondern vielmehr ein gut motorisierter Allradler.

Dafür fasst sich dann aber das Momo-Dreispeichenlenkrad ein bisschen zu gut an. Damit zirkelt der Fahrer den grossen Kombi (4,70 m lang) durch Parkhäuser und Innenstädte, aber auch Landstrassen machen Spass. Und wenn die Nadel des sportlichen Tachos (springt zuerst nach ganz rechts…) Autobahntempo erreicht, werden wohl die meisten Legacy-Eigner die Geschwindigkeitsgestaltung am Tempomathebel vornehmen. Bei all dieser Gemütlichkeit vergisst man fast, dass unter der flachen Haube ein Motor nach dem "Prinzip Porsche" sitzt. Doch wie man das von den Sportlern aus Weissach kennt, klingen wassergekühlte Boxermotoren nur dann, wenn man sie mittels zusätzlicher Soundröhren dazu zwingt.

Auf weiten Fahrten geniesst man zudem die DVD-Navigation, die sich japanisch technikverliebt via Touchscreen bedienen lässt. Im gleichen Monitor lassen sich auch andere Daten anzeigen. Neben praktischen Dingen wie Aussentemperatur und speicherbaren Verbrauchswerten sind auch Gimmicks wie der grafisch darstellbare Luftstrom der Klimaautomatik und die Beschleunigung in Prozent ersichtlich. So wird es dem bequem sitzenden Beifahrer nie langweilig. Zu einer kompletten Ausstattung fehlt nur die Parkdistanzkontrolle. Diese baut der Importeur mehr schlecht als recht ein, deswegen: Besser verzichten und vorsichtig parken. Ebenfalls vorsichtig muss man beim Beladen des grossen Kofferraums vorgehen, denn der lackierte Stossfänger trägt keine Schutzleiste. Kratzer sind so vorprogrammiert. Es mag spiessig klingen, solche Details zu kritisieren, aber das sind die Alltagsprobleme eines jeden Kombikunden. In die gleiche Kategorie gehört der mühsam zu befüllende Tank, der nach dem ersten Klick noch gute 5 Liter schluckt.

Aber es stimmt schon, wer dem Subaru Legacy 3.0 Kombi etwas ankreiden will, der muss lange und genau suchen. Dieses Auto bietet ein hervorragendes Preisleistungsverhältnis, für 54'000 Franken erhält man ein komplett ausgestattetes Fahrzeug. Natürlich sprechen auch exklusive Bauweise und Laufruhe des 3-Literaggregates für den Japaner. Und wie oben geschildert, wird der unwissende Nachbar wohl eher einen schmucken Audi Avant denn einen Reistransporter vermuten. Audimässig fällt auch die Verarbeitung aus. Kleiner Schönheitsfehler: Der Verbrauch von 12 Liter.